ARM-basierte Server-Chips 10-Nanometer-Prozessoren von Qualcomm

Server? Intel. Qualcomm will diesen fast schon selbstverständlichen Zusammenhang brechen und sich ein großes Stück vom Cloud-Server-Geschäft abschneiden.

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Briefmarkengroß: Auf 398 Quadratmillimetern bringt Centriq 2400 mehr als 18 Milliarden Transistoren unter.
Briefmarkengroß: Auf 398 Quadratmillimetern bringt Centriq 2400 mehr als 18 Milliarden Transistoren unter.
(Bild: Qualcomm)

Frontalangriff auf den Marktführer: Nach mehr als vierjähriger Entwicklung hat Qualcomm seinen ARM-basierten Server-Prozessor Centriq 2400 vorgestellt. Das Unternehmen ist stolz darauf, das erste Server-Silizium auf den Markt zu bringen, das im 10-Nanometer-Prozess hergestellt wird – in diesem Fall mithilfe der FinFET-Technologie von Samsung. Damit greift es das bisher in diesem Geschäft herrschende Unternehmen an: Intel.

Nach eigenen Angaben adressiert Qualcomm mit Centriq vor allem speziell für die Cloud entwickelte Applikationen, die sich aus vielen separaten Threads zusammensetzen – zum Beispiel Mikro-Services, die schnell skalieren sollen. Zur offiziellen Produktvorstellung zeigten Cloud-Service-Provider und Technologieunternehmen bereits fertige Anwendungen wie Multi-Core-Electronic-Design-Automation, Neuronale Netze, Deep Learning, Network-Function-Virtualization und NoSQL-Datenbanken.

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Gemacht für den Einsatz in Cloud-Rechenzentren

Ohne Frage werden sich die Anforderungen an Cloud-Rechenzentren in Zukunft weitreichend ändern. Der kommende 5G-Mobilfunk wird einerseits bandbreitenhungrige mobile Anwendungen ermöglichen, andererseits das Internet of Things beflügeln und auch sicherheitskritische Applikationen wie automatisiertes Fahren unterstützen. Dabei zeichnet sich ab, dass immer mehr Berechnungen direkt von Endgeräten und Gateways vorgenommen werden. Qualcomm will seinen Centriq 2400 genau auf diese neuen Anforderungen abgestimmt haben.

Dabei ist Centriq 2400 kein einzelnes Produkt, sondern eine Familie von zunächst drei Server-Prozessoren. Die einzelnen SoC-Modelle (System-on-a-chip) haben zwischen 40 und 48 ARM-basierten Rechenkerne und arbeiten mit 64 Bit bei Taktfrequenzen bis zu 2,6 GHz. Je zwei Kerne teilen sich 512 kB L2-Cache. Darüber hinaus stehen allen Kernen insgesamt 60 MB L3-Cache zur Verfügung.

Hochleistung dank Ringbussystem

Auf dem Chip verbindet ein segmentiertes Ringbussystem die bis zu 24 Doppelkerne. Laut Qualcomm hat der Ringbus eine aggregierte Bandbreite von 250 GBit/s. So gerüstet, soll die Architektur in ganz unterschiedlichen Anwendungssituationen höchste Performance liefern können.

Qualcomm hebt hervor, dass sein Prozessor diese Höchstleistungen bei vergleichsweise geringen Stromverbrauchswerten erreicht. So liegt die Thermal Design Power (TDP) des Chips bei 120 Watt. Zum Vergleich: Der Intel Xeon Platinum 8160 mit 24 Kernen/48 Threads hat eine TDP von 150 Watt.

Hohe Transistordichte

Qualcomm hat in sein SoC 32 PCIe-3.0-Lanes und acht SATA-6G-Schnittstellen integriert. Die Speichercontroller können über sechs Kanäle bis zu 768 GB DDR4-RAM anbinden. Der Prozessor unterstützt ECC-RDIMMs mit Fehlerkorrekturfunktion. Die CPUs der Centriq-2400-Familie unterstützen laut Qualcomm zudem TrustZone, also die von ARM entwickelte sichere Rechenumgebung, sowie Hypervisoren für Virtualisierungsanwendungen.

Insgesamt musste Qualcomm für sein Design über 18 Milliarden Transistoren auf einem Chip integrieren. So belegt das Die trotz 10-Nanometer-Prozess knapp 400 Quadratmillimeter, also etwa die Fläche einer großen Briefmarke.

Preisvergleich

Qualcomm gibt für seine Centriq-2400-Prozessoren Preise zwischen rund 900 bis knapp 2.000 US-Dollar an. Damit wäre selbst das teuerste Modell billiger als die meisten Intel Xeon Scalable Performance-Prozessoren (Xeon SP). Außerdem sollen die Prozessoren eine viermal so hohe Leistung pro US-Dollar und eine um 45 Prozent bessere Performance pro Watt erreichen als Intels 10.000-US-Dollar-Prozessor Xeon Platinum 8180.

Allerdings hinkt der Vergleich, denn hier stellt Qualcomm den für den Einzelbetrieb ausgelegten Centriq einem quasi künstlich heruntergerechneten Xeon-Prozessor gegenüber. Denn Single-Socket-Messungen aktueller Xeon-SP sind mangels passender Mainboards praktisch nicht verfügbar.

Zurecht verweist das Nachrichtenportal Heise darauf, dass Anwender, die einen günstigen Xeon-Server mit vielen Kernen aufbauen wollen, kaum Intels Top-Modell mit 28 Kernen einsetzen, sondern beispielsweise zwei Xeon Gold 4116 für je 1.000 US-Dollar, die insgesamt 24 Kerne und 48 Threads bereitstellen. Unter diesen Voraussetzungen relativiert sich der Vorsprung der Centriq-Prozessoren.

* Dieser Beitrag wurde von unserem Schwesterportal Elektronik Praxis übernommen.

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