Die wichtigsten Trends im Storage-Markt An der Festplatte führt kein Weg vorbei

Von Rainer W. Kaese*

Datenmengen und Speicherplatzbedarf wachsen schnell – was die Anforderungen an Speichermedien und Storage-Infrastrukturen erhöht. Ein Überblick über die wichtigsten Entwicklungen im Markt.

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Im Jahr 2020 wurden fünfmal so viele drehende Festplatten wie SSDs verkauft.
Im Jahr 2020 wurden fünfmal so viele drehende Festplatten wie SSDs verkauft.
(©Vadim - stock.adobe.com)

Vor einigen Jahren sagten viele Analysten und Brancheninsider voraus, dass bis zum Jahr 2020 Festplatten mit rotierenden Scheiben als Speichermedien vollständig durch SSDs ersetzt werden würden. Inzwischen ist klar, dass diese Entwicklung nicht stattgefunden hat. Die erzeugte Datenmenge ist dramatisch gestiegen – daher spielen Hard Disk Drives (HDDs) immer noch eine wichtige Rolle. Unternehmen, die HDDs einsetzen, profitieren von einer hohen Gesamtkapazität und einem attraktiven Kosten-pro-Kapazität-Verhältnis.

HDD-Technologie setzt immer noch Maßstäbe

Ein Grund für den anhaltenden Erfolg von HDDs sind die technischen Innovationen. Die Kapazität von herkömmlichen, luftgefüllten Lösungen hat vor einigen Jahren ihre Grenze bei 10 Terabyte erreicht. Durch die Verwendung von Heliumversiegelung können dünnere Platten verwendet werden, dadurch passen mehr Platten in das Gehäuse, und so wird die Speicherkapazität auf 14 TB erhöht. Außerdem erlauben intelligentere Leseköpfe kleinere magnetische Bits und höhere Dichten, sodass heute Kapazitäten von 16 TB im üblichen 3,5-Zoll-Formfaktor realisiert werden.

16 TB gelten als die derzeitige technologische Grenze für das Perpendicular Magnetic Recording (PMR). Bitdichten, die Kapazitäten von mehr als 16 TB unterstützen, erfordern viel kleinere Schreibköpfe, die jedoch nicht genügend magnetischen Fluss erzeugen können, um die magnetischen Bits auf dem Medium zu kippen. Hierfür muss zusätzliche (nicht-magnetische) Energie zugeführt werden.

2021 stellte Toshiba seine erste Generation von MAMR-HDDs (Microwave Assisted Magnetic Recording) vor, bei der ein mikrowellenerzeugendes Element zur Steuerung und Bündelung des magnetischen Flusses eingesetzt wird. Auf diese Weise lassen sich noch kleinere magnetische Flächen pro Bit und damit höhere Dichten realisieren und Speicherkapazitäten von 18 TB erreichen.

Künftige Generationen von MAMR-HDDs, kombiniert mit einer größeren magnetischen Oberfläche und mehr Magnetscheiben, werden voraussichtlich bald Kapazitäten von 20 TB und mehr pro Laufwerk bereitstellen.

Mehr Speicherplatz durch Shingled Magnetic Recording

Um mehr Daten auf derselben magnetischen Oberfläche zu speichern, werden die Spuren überlappend geschrieben, vergleichbar mit Schindeln auf einem Dach. Die Daten können immer noch gelesen werden, für das Wiederbeschreiben innerhalb der überlappenden Spuren müssen allerdings alle Spuren ausgelesen und neu geschrieben werden. Dadurch kann dieses SMR (Shingled Magnetic Recording) genannte Verfahren zu Geschwindigkeitseinbußen führen, was Hersteller von Festplatten allerdings mit intelligenten Caching- und Pufferarchitekturen kompensieren, sodass sich dieses Verfahren für viele Anwendungen in den Bereichen PC, Videoüberwachung und externer USB-Speicher durchgesetzt hat.

HDDs bleiben die Basis großer Online-Storages

Die moderne Gesellschaft ist von einem stetig wachsenden Cloud-basierten Universum abhängig, das aus mobilen Anwendungen, Streaming, E-Commerce-Plattformen und Social Media besteht. Gespeichert werden die dazu gehörenden Informationen in Rechenzentren, die auf Festplatten zurückgreifen. Diese werden oft nicht mit Hardware-Controllern, sondern mit einem Software-definierten Speicheransatz (SDS) verwaltet.

Da neben dem Bedarf an größeren Speicherkapazitäten auch der Wunsch nach Performance-Verbesserungen zugenommen hat, haben die Hersteller ihre Kapazitäts-HDDs für größere Datenmengen und höhere Geschwindigkeiten fit gemacht. Eine große Anzahl dieser Festplatten – ergänzt um einen SSD-Cache – liefert zu günstigen Preisen einen hohen Datendurchsatz bei großer Speicherkapazität.

Externe Festplatten auf dem Vormarsch

Obwohl einige Client-Systeme wie Netzwerk-Videorecorder (NVR) weiterhin auf Festplatten basieren, werden SSDs mittelfristig die traditionellen HDDs in fast allen anderen Endgeräten wie Laptops, All-in-One-PCs und Kompakt-PCs ersetzen. Mit SSDs ausgestattete Client-Geräte haben einen offensichtlichen Bedarf an externer Storage-Erweiterung, da sie von Haus aus viel weniger Speicher mitbringen, als es früher der Fall war. Kein Wunder also, dass externe USB-Festplatten mit einer Kapazität von 2 bis 4 TB immer beliebter werden.

Gleiches gilt bei Spielekonsolen – denn sowohl die Xbox Series X als auch die PlayStation 5 bieten weniger als 1 TB, obwohl der Speicherbedarf von Spielen enorm gestiegen ist: Beliebte Spieletitel können leicht 50 GB oder mehr beanspruchen. Für eine Erweiterung der Speicherkapazität greifen Nutzer daher vermehrt auf externe USB-Festplatten zurück.

Neue Herausforderungen durch KI in der Videoüberwachung

Der Markt für Videoüberwachung boomt – auch weil die Lösungen nicht mehr rein auf Überwachungsaufgaben beschränkt sind. Durch das Zusammenspiel mit KI-Technologien sind sie in der Lage, Daten für komplexe Aufgaben zu gewinnen. Die Auswertung solcher Daten kann Unternehmen Aufschluss über das Kaufverhalten ihrer Kunden geben und Städte bei der effektiven Steuerung von Verkehrsströmen oder der besseren Zuteilung von kommunalen Ressourcen helfen. Damit steigen aber auch die Anforderungen an die Speicherlösungen in den Videoüberwachungssystemen, da sie für erhebliche Belastungsspitzen ausgelegt sein müssen.

NAS-Systeme: vielfältig und sicher

Network Attached Storage ist nicht nur ein anhaltender Trend, die Systeme haben sich auch alles Alleskönner erwiesen: für Smart-Home-Anwendungen, als Medienserver für Musik- oder Videoinhalte, für kleine Unternehmen und für das Homeoffice. Aufgrund der Vielzahl von NAS-Systemen kommt es auf die richtige Konfiguration für den richtigen Einsatzzweck an. Für die meisten Heimanwender genügen Geräte mit zwei Einschüben, da diese mehrere Terabyte Speicherplatz bereitstellen und bereits einen Schutz gegen Festplattenausfälle bieten. Dafür müssen Nutzer die HDDs als RAID 1 konfigurieren, sodass alle Daten redundant gespiegelt auf beiden Laufwerken gespeichert sind.

Da NAS-Systeme in der Regel als Leergehäuse verkauft werden, müssen Nutzer sie meist selbst mit Festplatten ausstatten. Wichtig: NAS-Systeme verfügen über spezielle NAS-HDDs, die für den dauerhaften Betrieb und eine höhere Schreib-Lese-Last ausgelegt sind. Normale Desktop-HDDs sollten Nutzer auf keinen Fall verwenden.

Die Zukunft von HDDs ist gesichert

Die Diskussionen darüber, ob SSD jemals HDD vollständig ersetzen wird, sind wohl beendet, denn HDD und SSD werden weiterhin nebeneinander bestehen. Den ständig wachsenden Bedarf an größerer Online-Speicherkapazität zu niedrigen Kosten können nur HDDs befriedigen, sodass ihre Zukunft für viele weitere Jahre gesichert ist.

2020 wurden Speichermedien mit einer Gesamtkapazität von rund 1.200 Exabyte (EB) ausgeliefert – das sind 1.200.000 Terabyte. Nur etwa 200 EB davon basierten auf SSD-Technologie, während der Großteil von 1.000 EB durch HDDs bereitgestellt wurde. Das entspricht einem Verhältnis von 5:1. Da die Gesamtspeicherkapazität weiterhin fast exponentiell wächst, wird es eine größere Nachfrage nach beiden Technologien geben. Wie das Sprichwort sagt: „Die steigende Flut hebt alle Boote.“

Rainer W. Kaese, Senior Manager Business Development Storage Products bei Toshiba Electronics Europe.
Rainer W. Kaese, Senior Manager Business Development Storage Products bei Toshiba Electronics Europe.
(Bild: Toshiba)

*Der Autor: Rainer W. Kaese ist Senior Manager Business Development Storage Products bei Toshiba Electronics Europe.

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