AWS Data Migration Service Datenbanken wandern in die Amazon-Cloud
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Amazon Web Services hat vor kurzem einen Migrationsdienst für produktiv genutzte Datenbanken verfügbar gemacht – auch in der Frankfurt/Main Region. Zuvor konnten AWS-Kunden den Data Migration Service in einer Betaphase testen. Mit der Möglichkeit, On-Premise-Datenbanken in die Cloud zu überführen, sehen Analysten den Krieg gegen Datenbankanbieter als eröffnet an.

Der Migrationsdienst ist ein Managed Service wie etwa AWS Relational Database Service (RDS). DynamoDB oder RedShift. Damit können Nutzer von Datenbanken wie Oracle, SQL Server, MariaDB, PostgreSQL oder MySQL ihre produktiven Datenbestände in mehreren einfachen Schritten in die Cloud von AWS überführen.
So mancher Kunde möchte die hohen Kosten für Datenbanklizenzen sparen und beispielsweise auf eine quelloffene Datenbank migrieren, für die nur Supportkosten einer Enterprise-Lizenz anfallen. Doch den Aufwand der Migration scheut so mancher Datenbank-Admin, weil ja während des Umzugs der Datenbankserver vom Netz genommen werden müsste. Diese Ausfallzeit kann für ein Unternehmen, das ständig auf aktuelle Transaktionsdaten angewiesen ist, kostspielig werden. An diesem Punkt setzt der neue AWS-Dienst an: Die Migration soll nun so schmerzlos wie möglich erfolgen können. Das ist etwa so, als wollte man bei einem Auto während der Fahrt den Motor austauschen.
Replikation
Der wesentliche Vorgang dieser heiklen Operation besteht in der Replikation. Zuerst wird per Replikation eine Zielinstanz auf AWS erzeugt, und diese holt sich die Daten von der Original-Datenbank, um eine beliebige Ziel-Datenbank zu befüllen. Alle Änderungen am Original werden solange repliziert, bis der Admin entscheidet, dass der richtige Zeitpunkt für das Umschalten gekommen ist. Das stellt sich sicher, dass das Replikat vollständig mit dem Original übereinstimmt, was die Inhalte anbelangt.
Auf diese Weise kann der Nutzer Daten nicht nur homogen zwischen Oracle und Oracle replizieren, sondern auch heterogen zwischen Oracle und beispielsweise SQL Server. ((Bilder 2-4) Auch eine Datenbankkonsolidierung ist realisierbar. Der Vorgang kann komplette Terabyte-Datenbanken umfassen oder nur einzelne Tabellen. Chief Evangelist Jeff Barr erklärt den Vorgang in seinem Blog Schritt für Schritt (siehe auch Bildergalerie).
Umzug mit dem Schema Conversion Tool
Um die Struktur der Datenbank zu erhalten, stellt AWS das Schema Conversion Tool bereit. Das SCT-Werkzeug ist etwa dann sinnvoll, wenn Datenbank-Schemata und Stored Procedures in eine neue Datenbankplattform migriert werden sollen, also entweder ein Upgrade auf eine neue Version des gleichen Produkts – etwa SQL Server 2016 - stattfindet oder die Migration zu einer anderen Plattform. Die Vorteile liegen laut Barr in einer elastisch skalierenden Plattform wie EC2, einer leistungsfähigeren Datenbank-Engine von AWS oder in einer für andere Zwecke geeigneteren Datenbank.
Eine sonderbare Kostenfrage
Last but not least soll die Migration auch Kosten sparen helfen. So etwa können Kunden die bislang notwendigen Datenbankserver plus die nötige Storage-Infrastruktur einsparen. Die Migration selbst soll sich mit wenigen Mausklicks binnen Minuten bewerkstelligen lassen. Und selbst wenn ein ganzes Terabyte an Daten umzuziehen ist, soll dies nur etwa 3 US-Dollar kosten. Soviel kosten die Datenverarbeitungsressourcen bei AWS.
Ausführliche Preisinformationen finden sich hier. Dabei lässt sich der Preisunterschied zwischen einer Instanz in Irland und einer in Frankfurt/Main entdecken. Der maximale Unterschied liegt im teuersten Tarif bei 1,404 USD (Irland) vs. 1,575 USD (Frankfurt). Wie AWS diesen Unterschied rechtfertigt, wird nicht angegeben. Aber deutsche Kunden sollten sich seiner bewusst sein.
Ausblick
Bislang sollen nach AWS-Angaben über tausend Kunden ihre on-premise-Datenbanken auf AWS umgezogen haben, wie Jeff Barr angibt. Hal Berenson, Vice President der Relational Database Services bei AWS, verriet, dass ein Drittel dieses Kundenkreises während der Betaphase nicht nur Datenbanken auf AWS umzogen, sondern gleich auf andere Datenbank-Engines umstiegen sei.
Der Analyst Jim Hurley von ISG, vormals Saugatuck Research, sieht durch den AWS DMS eine Ära der „kriegerischen“ Auseinandersetzungen um Marktanteile im Datenbankmarkt heraufziehen. Der Markt werde - noch – von den Platzhirschen Oracle, Microsoft, IBM, SAP (Hana, Sybase und andere Datenbanken) beherrscht.
In der aktuellen Quartalsbilanz von Oracle werden die Einnahmen aus On-premise-Datenbanklizenzen mit etwas über 7 von insgesamt rund 9 Mrd. Dollar ausgewiesen – rund 71 Prozent des Gesamtumsatzes. Umsätze aus Cloud-SaaS und PaaS machen gerade einmal 8 Prozent davon aus.
Daraus, so Hurley, sei ersichtlich, dass AWS DMS ein großes Wachstumspotential habe – und Oracle ein Cloud-Problem. „Oracle müsste seine Cloud-Umsätze mehr als vertausendfachen, um in der Cloud wenigstens das Niveau von Salesforce zu erreichen“, errechnet Hurley.
Für Marktbeobachter sieht es so aus, als befänden sich Oracle & Co. bereits in einem Wettrennen mit AWS um Anteile im dynamischen Cloud-Markt für Unternehmenssoftware. Die Dynamik dieses Marktes wird von anderer Seite bestätigt.
„Es ist richtig, dass wir gerade in den USA eine große Nachfrage nach Cloud-Lösungen verspüren“, berichtet etwa Karl-Heinz Mosbach, der Geschäftsführer von ELO Digital Office, einem deutschen ECM-Anbieter, der derzeit in die USA expandiert. „Die Frage, ob das Ganze auch aus der Cloud zu bekommen ist, kommt sehr oft.“
Diese Nachfrage in USA verheißt gute Erfolgsaussichten für Cloud-Anbieter wie AWS – und dass Oracle noch einen langen Weg vor sich hat. Ob sich der Markt indes in Deutschland ebenso rasch entwickelt, bleibt abzuwarten. Alle Signale stehen aber auf Grün.
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