Experton, Forrester und IDC zu Backup und Cloud Derzeit herrscht Wild West bei der Datensicherung
Haben der Einsatz von Cloud- und In-Memory-Computing, virtuellen Desktops, Mobilgeräten oder Collaboration-Werkzeugen Auswirkungen auf die Backup-Strategien der Unternehmen? Wir haben die Analysten von Experton, Forrester und IDC nach ihrer Meinung dazu befragt.
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„Die Menschen sind durcheinander, vor allem die Entscheider, weil jetzt beim Backup die Grenzen verschwimmen zwischen Backup-Strategien für das klassische Enterprise und für den Konsumerbereich“, fasst Carlo Velten, Senior Advisor der Experton Group AG, die Lage zusammen.
Ähnliches bemerkt Donna Taylor, Research Director EMEA Storage bei IDC: „Es geht zu wie im Wilden Westen. Die Leute kommen aus allen Richtungen und jeder hat seine dedizierte Meinung zum Backup. Die Unternehmen suchen nach Antworten und erhalten nicht eine, sondern von jedem eine – andere – Antwort.“
Das Device-Backup wird zur Herausforderung
Was die Unternehmen so verunsichert, wenn es um das Backup geht, liegt vor allem an den vielen Mobilgeräten, die unter dem Stichwort „Bring Your Own Device“ (BYOD) für Unternehmenszwecke eingesetzt werden und kaum mehr zu kontrollieren sind.
Rachel Dines, Senior Analyst, Serving Infrastructures & Operations Professionals bei Forrester Research, wartet dazu mit Zahlen auf: „Mehr als die Hälfte der Informationsspezialisten in den USA verwenden mehr als drei Devices für ihre Arbeit und 62 Prozent arbeiten während der Arbeitswoche an unterschiedlichen Standorten. Die Notwendigkeit, die Daten auf diesen Systemen zu sichern, steigt.“
Früher, so Dines, zwangen die Unternehmen ihre Mitarbeiter dazu, nichts auf ihren lokalen Geräten zu speichern, „alles musste im zentralen File-Server abgelegt werden“. Das funktioniert aber heute nicht mehr – auch, weil die mobilen Anwender nicht immer Zugang zum Internet oder Virtual Private Network (VPN) haben.
Wenn das zentrale Backup nicht mehr funktioniert…
„Problematisch ist es am Rand der Netze (Edge of Networks), wenn die Anwender anfangen, verschiedene Speicherdienste zu nutzen und die Unternehmen nicht mehr in der Lage sind nachzuvollziehen, was die Firma verlassen hat und was nicht“, beschreibt Experton-Analyst Velten eins der neuen Risiken.
Seiner Meinung nach ändert das aber nichts an der Tatsache, dass die klassischen Enterprise-Storage-Systeme weiterhin wie bisher genutzt werden, allerdings mit der Option auszulagern: „Das, was man früher Managed-Storage-Provider genannt hat, nennt sich jetzt Managed-Cloud-Storage-Provider oder Cloud-Backup-Dienstleister. Aber am Service, Teile des Storage an einen Dienstleister auszulagern, hat sich nichts geändert.“
Gartner hat zudem herausgefunden, dass bis 2016 ein Drittel der Organisationen die Anbieter ihrer Backup-Lösungen sowieso wechseln wird und zwar „aus Frustration über Kosten, Komplexität und Leistungsfähigkeit“. Warum dann nicht gleich auslagern?
…dann funktioniert es vielleicht in der Cloud?
„Cloud-basierende Backup-Lösungen sind gut geeignet für sehr mobile Anwender oder solche, die geografisch weit von der Unternehmenszentrale arbeiten“, fasst Forrester-Analytikerin Dines die derzeitige Situation zusammen.
Neben diesen Einsatzgebieten eignet sich die Datensicherung in den Wolken generell für alle Informationen, die nicht auf hoch performanten Speichern gelagert werden müssen. „Bei Web-Content, der nicht sicherheitskritisch ist wie etwa Bibliotheken mit Lern-Videos oder Bilddatenbanken, geht man für die Datensicherung am besten zu einem Provider“, rät Velten.
Denn für diese Art von Informationen sind die Datenmengen und Zugriffe schlecht planbar, „da ist es gut, wenn man einen Provider hat“. Die Infrastruktur muss in so einem Fall flexibel vorgehalten werden, was gerade bei Storage einerseits teuer und andererseits von Preisverfall gekennzeichnet ist. „Da bindet man unnötig Kapital“, warnt Velten.
Ein weiter Pluspunkt von Cloud-Services: Sie bieten oft mehr Sicherheit, als die interne IT garantieren kann. „Warum soll beispielsweise der Mittelständler seine E-Mails selbst archivieren? Der Provider bietet nicht nur eine kostengünstige Lösung an, er hat auch schon die entsprechenden Sicherheitsmechanismen implementiert“, konstatiert der Analyst.
Man spart zusätzlich beim Speichermanagement, etwa weil Deduplizierung oder das Tiering auch in der Cloud erfolgen können und man dafür auch kein Personal vorhalten muss, sagt die Gartner-Studie und resümiert: „Die Backup-Zentrale im Unternehmen wird entlastet.“ Engpässe in der Bandbreite ließen sich mit Techniken zur Datenreduzierung und Netzoptimierung überwinden.
Backup in der Cloud mit Zusatznutzen
Zudem, so Gartner weiter, könnten Unternehmen in der Cloud Datenkopien einfach deshalb vorhalten, um bei einem Ausfall der heimischen IT ein schnelles und kostengünstiges Recovery bewerkstelligen zu können.
Ein anderer Zusatznutzen von Cloud-Backup liegt in der Flexibilität, mit der Speicherkapazitäten angemietet und wieder abgestoßen werden kann. Multinationale Unternehmen, die vielleicht in den BRIC-Staaten (Brasilien, Russland, Indien, China) schnell eine High-Performance-Speicherumgebung aufbauen müssen, greifen dann gerne auf Anbieter wie Nirvanix zurück, die schnelle Verbindungen und Transfers anbieten – und auch gleich die notwendige Infrastruktur zum globalen Arbeiten bereit stellen.
Ein anderer Nebeneffekt vom Backup in der Cloud ist die einfachere Möglichkeit zur Zusammenarbeit, neudeutsch Collaboration. Den Firmen erwächst daraus Zusatznutzen, wenn sie mit Kunden und Lieferanten zusammenarbeiten und Dateien austauschen können. Dafür steigt dann aber das Sicherheitsrisiko.
Megatrend: Die Bewertung der Daten
Experton-Analyst Velten fordert, dass sich die Unternehmen Gedanken um den Wert der eigenen Daten machen. Bei uns gehe es meist nur darum, die Daten sicher zu speichern. Heutzutage sei es aber oft wichtiger, dass etwas oft angeklickt werde. „Da haben wir gerade in Deutschland eine eindimensionale Sicht“, stellt Velden fest.Oft sei es gewinnbringender, wenn Dateien das Unternehmen verlassen und im Kreis von Kunden und Partnern zirkulieren.
Zu definieren sei natürlich, welche Mitarbeiter und Partnergruppen auf welche Daten überhaupt zugreifen dürfen, daran sollten sich die Backup-Prozeduren orientieren. Velten fordert deshalb, dass die Unternehmen eine Verbindung – Foundation – schaffen zwischen der internen und der externen IT-Welt. Das betrifft das Rechte- und das Anwender-Management von den eigenen Diensten in die Cloud-Services und zurück.
Dazu passt auch die Frage der Daten-Nachhaltigkeit: Was muss ich aufheben, was recyceln und was vernichten? „Heute wird alles gesammelt und günstig weggespeichert“, beobachtet der Analyst. In den Anfangszeiten von Big Data sei das auch legitim, weil man noch keine Erfahrungswerte darüber hat, welchen Nutzen man aus der Analyse von alten Informationen ziehen kann. „Das ist eine reine Kostenfrage: Wie teuer ist es, die Daten aufzuheben, und wie groß ist der Nutzen aus der Analyse.“
In-Memory-Computing, VDI und SSD
In-Memory-Computing wie bei SAP HANA spielt beim Backup bislang noch keine Rolle, da sind sich die Analysten einig. Auch der Einsatz von Virtual Desktops bringt generell keine Änderung im Backup-Prozess. Allerdings werden die Arbeitslast und damit das Datenvolumen weniger berechenbar.
Im Normalfall fallen mehr Daten an, die gespeichert werden müssen und deshalb den Kapazitätsbedarf steigern. Die zunehmend beliebten Solid State Disks (SSDs) können zumindest den Deduplizierungsprozess beschleunigen, hat Forrester-Analystin Dines festgestellt. Allerdings stehe man dabei auch erst am Anfang der Entwicklung.
Donna Taylor von IDC sieht allerdings einen Zusammenhang: „Cloud und SSD treiben sich gegenseitig an, denn Sicherheit und Latenz haben sich durch SSDs verbessert.“ Die hohen Kosten können Cloud-Dienstleister besser verteilen. So bleibt vor allem das Cloud-Computing diejenige Technik, die die Datenhaltung und damit auch die Backup-Prozeduren stark beeinflussen könnte.
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