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Kommentar zum Amazon Dash-Button Dumm, Dümmer, Dash

Autor / Redakteur: Achim Heisler / Rainer Graefen |

Ein Knopfdruck und ein neues Waschmittel ist bestellt – der Amazon Dash-Button will uns den Alltag erleichtern. Doch unter diesem Deckmäntelchen schlummert eine perfide Strategie. Achim Heisler, Experte für Distribution und Handel, hat diese einmal detailliert aufgedröselt.

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Die Stimme des Channels: Achim Heisler, Geschäftsführer a-h-s
Die Stimme des Channels: Achim Heisler, Geschäftsführer a-h-s
(Bild: Alex Schelbert)

Ein kleines buntes Plastikgehäuse revolutioniert die Einkaufswelt. Davon träumt momentan Amazon mit seinem neuen Dash-Button. Im Kleinen betrachtet mag dieser recht harmlos daherkommen, im großen Kontext aber ist es ein weiterer Auswuchs einer kranken Finanz- und Konsumgesellschaft und bedient vermeintlich die Bequemlichkeit einer trägen Bevölkerungsgruppe.

Um das Grauen etwas transparenter zu machen, mache ich an dieser Stelle erst einmal einen kleinen Ausflug in die Finanzwelt.

Die Finanz-Cloud

Ob die EZB nun Quelle, Mitläufer oder Opfer der globalen Entwicklung ist, möchte ich einmal offen lassen. Aber Fakt ist, dass die EZB momentan jeden Monat 80.000.000.000 Euro in unsere Finanzkreisläufe pumpt, um für billige Kredite zu sorgen. Damit soll der Konsum und die Investitionsbereitschaft der Firmen/Endkunden angeregt werden und langfristig die Inflations- und Zinsrate wieder auf ein gesundes Niveau gebracht werden.

Womit wir den Teufelskreis Nullzins durchbrechen können, dessen perverse Auswirkungen (Negativzins auf Guthaben, Positivzins auf Kredite), wir schon zu spüren bekommen. Leider funktioniert dies in der realen Welt nur theoretisch. Denn mit den Banken sind hier Marktteilnehmer im Spiel, die zuerst ihren eigenen Vorteil suchen.

Wer momentan einen Kredit bei der Bank erhalten möchte (Immobilien oder Investitionskredit), lernt recht schnell, was das Wort der Übersicherung bedeutet. Die Banken bevorzugen den risikolosen virtuellen Geldkreislauf und legen das Geld wieder bei der EZB an. Damit verpufft die Wirkung der Geldpumpe in der Finanz-Cloud. Und genau dieser virtuelle Geldkreislauf soll in der Zukunft noch stärker befeuert werden.

Die Lobbyisten der Finanzbranche haben Bargeld als störenden Faktor identifiziert und spannen mal wieder die Politik vor Ihren Karren, um die Ziele zu erreichen. Gelingt es ihnen, dann ist in ferner Zukunft der Besitz von Bargeld schon ein Verbrechen. Wenn man sich in den skandinavischen Ländern anschaut, wie weit der bargeldlose Zahlungsverkehr dort schon ist, erscheint mir die Zukunft näher als gedacht.

Dort wird durch Cloudgeld ein an sich sehr einfacher Vorgang zu einem prozessualem und monetären Desaster für den Kunden. Der Prozess im Bereich der Microtransaktionen, der vormals darin bestand, Geld aus der Geldbörse zu nehmen, dieses zu übergeben und dann Wechselgeld und Ware entgegenzunehmen wird zu: Handy entsperren, App aufrufen, anmelden, Transaktionspartner suchen, Wert eingeben, Transaktion bestätigen, SMS versenden.

Immer mehr "Mitverdiener"

Jetzt kann man als IT-Nerd ja noch sagen, dass einen der Aufwand nicht stört, aber es gibt leider einen viel schlimmeren Haken. An jeder dieser Transaktionen möchte nun plötzlich mindestens ein Marktteilnehmer noch mitverdienen. Dabei wird dies weniger durch die absolute Gebühr so erschreckend, sondern durch die schiere Menge der Transaktionen.

Wir haben dann die Situation wie bei Kredit- und EC-Karten, wo wir alle brav die Systemgebühren (direkt oder indirekt) mitbezahlen. Und es fällt uns nicht schwer sich vorzustellen, was mit den Gebühren passiert, wenn die letzten Ausweichmöglichkeiten (aka "Bargeld") nicht mehr existieren.

Weiterhin werden in einer solchen Welt wohl auch die Haftungsfragen neu geklärt werden. Wie vor kurzem bei einem neuen Fintech, wird bei einem Verlust einfach die gesamte Kundschaft dafür direkt haftbar gemacht. Ab hier sollte sich jeder Sorgen um die Zukunft des Geldkreislaufs machen. Und dies vor allem, da ich nur den wirtschaftlichen Teil beleuchtet habe. Unter dem Aspekt des Datenschutzes oder der Transaktionssicherheit tun sich weitere Abgründe auf.

Direkte Parallelen

In diesem Umfeld, welches ja die Rahmenparameter für den Handel erzeugt, kann man leider auch erschreckende Parallelen zur Brache erkennen. Auch wir werden erleben, wozu Oligopole in der Cloudwelt führen und dann bitter weinen.

Schauen wir uns dazu einmal unseren Titelhelden, den Dash-Button, an. Mit diesem erwerbe ich ein vorbelegtes Produkt zu einem zufälligen (aber fast immer erheblich teureren) Preis bei einem Anbieter. Alles was der Homo Ökonomicus gelernt hat, wie Preise von verschiedenen Anbietern vergleichen oder Produkte zu wechseln, wird mit einem Button über Bord geworfen.

Dafür Zahlt der Homo Monopolis einen hohen Preis. Damit meine ich auch den Gesamtaufwand einer kleinteiligen Einzelbestellung, den Amazon natürlich weiter gibt. Dass solche Services wie alle XaaS am Ende auch noch das Sterben des Fach- bzw. Zwischenhandels fördern, habe ich schon mehrfach dargelegt.

Erfolglosigkeit erwünscht

Jetzt kann man für uns hoffen, dass wenigstens dieser Auswuchs des täglichen Irrsinns wegen Erfolglosigkeit an uns vorüberzieht, aber es wurden bereits Stimmen von unseren Freunden aus der Printer-Sparte laut, die einen eigenen Dash-Button lieber heute als morgen in ihre Drucker einbauen würden.

Dann funktionieren natürlich nur noch Patronen mit der richtigen Dash-ID in diesem Drucker. Auch hier wird der Zwischenhandel wieder vor Freude weinen. Natürlich ist der Dash-Button nicht der alleinige Feind, aber er ist Teil einer kranken Entwicklung in unserer Gesellschaft.

Fazit

Und wenn eine genügend große Menge denkfauler Menschen den Button erwirbt, haben wir ihn mit allen Konsequenzen an den Hacken kleben. Und wie die Engländer beim Brexit, unterschätzen wir unter unserer intellektuellen Käseglocke die Sorglosigkeit und Steuerbarkeit der Masse dort draußen.

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