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Storage für autonome Fahrzeuge Große Datenmengen auf flexible SSD-Speicher ablegen

Ein Gastbeitrag von Daniel Riedelbauch und Marco Reiling* Lesedauer: 7 min |

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Eine Simulation muss mit Messdaten aus der realen Welt ergänzt werden. Allerdings fallen bei einer achtstündigen Testfahrt 144 Terabyte an Daten an. Mithilfe einer skalierbaren Methode lassen sich Daten erfassen, komprimieren und speichern.

Autonom Fahren: Eine kontinuierliche achtstündige Fahrt erfordert derzeit eine Speicherkapazität von 144 TByte. Es sind neue Plattformen für die Messdaten  notwendig.
Autonom Fahren: Eine kontinuierliche achtstündige Fahrt erfordert derzeit eine Speicherkapazität von 144 TByte. Es sind neue Plattformen für die Messdaten notwendig.
(Bild: Bosch)

Die Automobilhersteller wollen die am wenigsten zuverlässige und fehleranfälligste Komponente aus ihren Fahrzeugen verbannen: den Fahrer. Das senkt die Zahl der Verkehrstoten drastisch. Damit der Fahrer zum Passagier wird, hat die Industrie bereits große Fortschritte erzielt. Mit modernen Fahrerassistenzfunktionen kommt das Fahrzeug einer vollständigen Autonomie immer näher. Um eine „Vision Zero“ zu erreichen, müssen fahrzeugeigene Systeme auf alle Eventualitäten vorbereitet sein. So können differenzierte Fahrzeugmodelle auf den Markt gebracht werden, die das Leben der Verkehrsteilnehmer schützen und das Markenimage der Automobilhersteller erhalten.

Der Fortschritt bei den autonomen Fahrzeugen wird durch den Zugriff auf gewaltige Datenmengen vorangetrieben. Das ist nicht nur aus Testsicht essenziell. Es wird vielmehr auch für das Training von Algorithmen der künstlichen Intelligenz (KI) unerlässlich. Daten können aus zwei Quellen stammen:

  • Daten aus realitätsnahen Simulationen. Dies ist vor allem nützlich, um mit der Entwicklung und dem Testen sehr früh und auf parallele, Cloud-basierte Weise zu beginnen, hat aber auch seine Grenzen. Simulationen können nur annähernd das abbilden, was in einer realen Umgebung vor sich geht. Menschen und selbst KI können sich nicht alle möglichen Fahrszenarien vorstellen, die möglicherweise auftreten könnten. Daher ist die Simulation allein nicht ausreichend.
  • Daten aus einer feldbasierten Erfassung. Damit lassen sich Grenzfälle und Randerscheinungen identifizieren. Sie liefern eine höhere Detailschärfe physikalischer Phänomene, erfordern jedoch viel Zeit, Aufwand und Budget, um statische Szenen zu erhalten.

Eine Strategie für die umfassende Datenerfassung

Bild 1: Das Bild zeigt schematisch, warum gleichzeitig ein hoher Datendurchsatz bei geringer Latenz notwendig ist.
Bild 1: Das Bild zeigt schematisch, warum gleichzeitig ein hoher Datendurchsatz bei geringer Latenz notwendig ist.
(Bild: NI)

Automotive-OEMs müssen beide Datenquellen in eine gut durchdachte Verifizierungs- und Validierungsstrategie einbeziehen. Zusätzliche Techniken wie die Umwandlung aufgezeichneter Szenariodaten in synthetische Daten sind ebenfalls wichtig, um einen reibungslosen Übergang von Open-Loop- zu Closed-Loop-Tests zu ermöglichen.

Es gibt verschiedene Phasen, in denen Daten erfasst werden:

  • Zunächst führen Automotive-OEMs erste Tests durch, bei denen nur ein paar Fahrzeuge auf einer Teststrecke oder einem Testgelände interagieren.
  • Danach werden die Tests ausgeweitet, wobei eine große Anzahl von Fahrzeugen an umfassenderen Datenerhebungen/Tests auf offener Straße teilnimmt.
  • Im Anschluss daran erhalten die Automobilhersteller Daten von den eingesetzten Fahrzeugen (Kundenflotte). Ungewöhnliche Vorfälle werden von der Bordintelligenz jedes Fahrzeugs gemeldet und Details dann an den Hersteller übermittelt.

Je weiter die Fahrzeuge die von der SAE beschriebenen Stufen des automatisierten Fahrens erklimmen, desto größer wird die Menge der von ihnen erzeugten Daten. Im Bereich von Level 3, für welchen einige Automobilhersteller bereits Fahrzeuge im Einsatz oder in der Entwicklung haben, wird eine Reihe verschiedener Sensoren mit sehr datenintensiven Ergebnissen integriert. Neben zahlreichen externen und internen HD-Kameras gibt es Lidar- und Radarsensoren, die alle zur Gesamtdatenmenge beitragen.

Automobilhersteller müssen große Datenmengen managen

Die Herausforderung für die Automobilhersteller/Tier-1-Zulieferer besteht darin, mit allen gewonnenen Daten umzugehen. Hochautomatisierte Fahrzeuge der nächsten Generation werden leicht 5 GB/s an Sensordaten erzeugen, während die vorherige Generation nur einige 100 MB/s produzierte. Innerhalb einer Generation ist also ein 10- bis 50-facher Anstieg des Datenvolumens pro Fahrzeug zu verzeichnen. Einige Automobilhersteller sprechen bereits von 10 GB/s.

Eine kontinuierliche achtstündige Fahrt erfordert derzeit eine Speicherkapazität von 144 Terabyte (5 GB/s x 3.600 s/h x 8 h). Die Datenmenge passt nicht auf eine einzelne SSD eines Standard-Laptops. Das manuelle Sichern der Daten wird unpraktisch, so dass RAID-basierte Speichersysteme erforderlich sind. Diese Faktoren führen zu einem erhöhten Bedarf an SSDs, die nicht mehr einfach per Briefumschlag, sondern mindestens über einen Paketdienst versendet werden müssen.

Um die für die Absicherung autonomer Fahrfunktionen erforderliche Menge an Tests durchzuführen, kann ein Fahrzeughersteller/Tier 1 eine Flotte von mehr als 100 Fahrzeugen im Einsatz haben. Wenn etwa 50 Prozent dieser Fahrzeuge mit voller Kapazität protokollieren, entspricht das 7 Petabyte pro Tag pro Flotte (50 Autos x 144 TB). Das ist ein enormer Daten-Overhead, der mit Problemen bei der Erfassung und Speicherverwaltung verbunden ist. Zu beachten ist auch, dass sich die Fahrzeuge einer Flotte an verschiedenen Standorten auf der ganzen Welt befinden, um eine größere Auswahl an Testbedingungen zu berücksichtigen. Dies bringt weitere logistische Herausforderungen mit sich.

Das sollte eine Plattform für die erfassten Messdaten leisten können

Bild 2: Synchronisierung – 1.600 simultane E/As über mehrere FPGA-basierte System hinweg bei einer Latenz von 150 µs.
Bild 2: Synchronisierung – 1.600 simultane E/As über mehrere FPGA-basierte System hinweg bei einer Latenz von 150 µs.
(Bild: NI)

Die Erfassung mehrerer GB/s an Daten von einem Fahrzeug erfordert eine hocheffiziente Datenerfassungsplattform. Sie muss nicht nur über leistungsstarke Erfassungsfunktionen verfügen, sondern zudem flexibel sein, verschiedene Formen von Sensorschnittstellen wie GMSL, FPD-Link, GigE oder USB bieten und Fahrzeugnetzwerke (Automotive ETH, FlexRay, CAN/FD, LIN) verarbeiten können. Eine enge Synchronisierung ist ebenfalls erforderlich, damit die Daten von verschiedenen Sensoren korrekt miteinander korreliert werden können. Wenn Daten aus verschiedenen Quellen nicht mit ausreichender zeitlicher Genauigkeit aufgezeichnet werden, können die KI-Algorithmen im Steuergerät (ECU) durcheinandergeraten.

Diese Verzögerungen führen zu einer unangemessenen Reaktion – und damit im schlimmsten Fall zu einem Unfall. Sobald die Daten im Datenerfassungssystem ankommen, müssen sie daher mit einem Zeitstempel versehen werden, der bis auf die Mikrosekunde genau ist (Bild 2). Darüber hinaus ist es erforderlich, bei der Zuweisung eines Taktgebers flexibel zu bleiben und alle anderen Messegräte entsprechend darauf zu disziplinieren.

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Wenn sichergestellt ist, dass verschiedene Zeit-/Synchronisationsmechanismen und -quellen (einschließlich Fahrzeugnetzwerk-Takt-IC, GPS, IEEE 1588, gPTP-Netzsynchronisation) verwendet werden können, hat der Benutzer die Freiheit, die am besten geeignete Technik für den vorliegenden Anwendungsfall zu wählen. Die gewählte Datenerfassungsplattform muss sich an unterschiedliche Konfigurationen innerhalb des Betriebs des Fahrzeugherstellers/Tier 1 anpassen. Es können mehrere, parallele Fahrzeugentwicklungsprogramme laufen, jedes mit unterschiedlichen Voraussetzungen und Anforderungen. Für jedes einzelne Programm können die verwendeten Sensormodalitäten, die Anzahl der beteiligten Sensoren und deren Position/Ausrichtung unterschiedlich sein.

Modularer Ansatz passt sich den Bedingungen an

Ein modularer Ansatz für das Messsystem erlaubt es dem Anwender, das System an sich ändernde Bedingungen anzupassen. Offene Technologien, welche die Auswahl geeigneter FPGA-basierter Kompressionsmechanismen ermöglichen, machen den Daten-Overhead besser handhabbar. Der optimale Kompressionsalgorithmus hängt von der Art der Daten ab (Videostreams haben andere Anforderungen als Lidar). Das gleiche Maß an Offenheit und Flexibilität sollte für Dateiformate wie MDF4, KITTI, TDMS oder PCAP sowie für Erfassungsintervalle und Gesamtdateigrößen (Dateifragmentierung) erwartet werden.

Das Data-Record-AD-System von NI erfasst Daten im Fahrzeug mit hoher Bandbreite und einem Durchsatz von 6 GB/s, welches selbst mit den ehrgeizigsten Erwartungen der Fahrzeughersteller mithalten kann. Die PXI-basierte Lösung verfügt über mehrere CPU-basierte Verarbeitungsoptionen, um die Leistungsfähigkeit je nach den erforderlichen Verarbeitungsanforderungen zu skalieren. Das System unterstützt zahlreiche fahrzeuginterne Netzwerkprotokolle (so dass Daten aus allen relevanten Quellen erfasst werden). Dazu gehören CAN, LIN, FlexRay, 1.000BASE-T1 Automotive Ethernet oder 100/1.000BASE-T Ethernet.

Dank FPGA-Technik wird verlustfreies Datenkompressions-IP genutzt. Erfasste Daten lassen sich komprimieren, um das Speichervolumen zu minimieren. Sie können dann direkt vor dem Einspeisen in das Steuergerät dekomprimiert werden, ohne dass dies Auswirkungen auf die Genauigkeit hat. Gleichzeitig verringert sich dadurch der Bedarf an teurem Cloud-/Serverplatz entlang der Datenpipeline.

Die Möglichkeit, verschiedene Hardware-I/O-Karten in die Plattform einzustecken und dann die entsprechenden Sensor-Plug-ins in der zugehörigen Software auszuwählen, trägt der Tatsache Rechnung, dass Testaufbauten typischerweise nicht statisch bleiben, sondern sich im Laufe der Zeit weiterentwickeln. Sobald der Aufbau definiert ist, können die erforderlichen Schnittstellen- und Verarbeitungsmodule in das PXI-Chassis integriert (und entsprechend geändert) werden.

Daten speichern, transportieren und managen

Bild 3: Eine Lyve-Mobile-Array-Datenspeichereinheit von Seagate.
Bild 3: Eine Lyve-Mobile-Array-Datenspeichereinheit von Seagate.
(Bild: Seagate)

Wenn die riesigen Datenmengen, die von jedem Fahrzeug der Testflotte erzeugt werden, über eine Standard-Internetverbindung zurückgesendet werden, vergehen Tage. Das widerspricht jeglichen Ansprüchen nach schneller Markteinführung. Aus diesem Grund ist NI eine Partnerschaft mit Seagate eingegangen, um eine effektivere Alternative zu entwickeln.

Die skalierbare Lyve-Mobile-Lösung von Seagate unterstützt die Edge-basierte Datenerfassung mit hohem Durchsatz und hoher Kapazität (Bild 3). Aktuell bietet Seagate eine SSD-Version mit einer Kapazität von 96 Terabyte an. Später soll eine Variante mit 120 TB folgen. Mit der Speichereinheit lassen sich unerwünschten Engpässe vermeiden, die bei der Übertragung von Daten über Telekommunikationsnetze entstehen. Die Fahrer der Testfahrzeuge können eine der robusten SSD-basierten Speichereinheiten auswechseln. Sind sie voll, werden sie von den Logistikdienstleistern von Seagate abgeholt. Das bedeutet, dass keine Zeit mit der Datenübertragung verloren geht und die Fahrer ihre Testschichten nahtlos fortsetzen können.

Da die erfassten Daten zweifellos ein wertvolles Gut für einen Fahrzeughersteller sind, müssen Maßnahmen getroffen werden, um zu verhindern, dass sie gestohlen oder manipuliert werden. Die AES-256-Bit-Hardware-Verschlüsselung, ein Schlüsselverwaltungssystem und Live-GPS-Verfolgung schützen die Lyve-Mobile-Daten zuverlässig. Neben der Speicher-Hardware bietet Seagate Lyve Mobile auch Datentransferdienste.

Die von den Fahrzeugen auf der Straße erfassten Daten können effizient und sicher an Datenzentren übertragen werden, wo sich eine genauere Datenanalyse vornehmen lässt. Das kann im eigenen Rechenzentrum des Fahrzeugherstellers erfolgen, oder – um die dafür erforderlichen hohen Vorabinvestitionen zu vermeiden – an externe Datenzentren und Hyperscaler ausgelagert werden. Dabei werden nicht nur die Lyve-Mobile-Speicherkapazität, sondern auch das Angebot „Datentransfer als Dienstleistung“ genutzt.

Dieser Beitrag ist ursprünglich auf unserem Partnerportal ELEKTRONIKPRAXIS erschienen.

* Daniel Riedelbauch ist Chief Solutions Marketing Manager bei NI. Marco Reiling ist Director PLM, ADAS & Transportation bei Seagate.

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