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HCI funktioniert auch ohne eigene Appliances Nutanix komplettiert den Infrastruktur-Stack und fokussiert Multicloud

Autor / Redakteur: Ariane Rüdiger / Ulrike Ostler |

Der HCI-Marktführer Nutanix verabschiedet sich vom Hardwaregeschäft und sieht Multicloud als wichtiges zukünftiges Thema. Auf der „.Next 2018“, der jährlichen weltweiten Konferenz des Herstellers, wurden drei neue Services präsentiert.

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Nutanix fügt mit „Flow“, „Beam“ und „Era“ drei weitere Dienste seiner Software-Appliance hinzu.
Nutanix fügt mit „Flow“, „Beam“ und „Era“ drei weitere Dienste seiner Software-Appliance hinzu.
(Bild: gemeinfrei - quimono/Pixabay / CC0 )

Wer denkt, Hyperkonvergenz müsse etwas mit Hardware zu tun haben, den belehrt der derzeitige HCI-Marktführer Nutanix eines Besseren: Er macht Ernst mit dem vor zwei Quartalen zum ersten Mal angekündigten Umschwung in Richtung Software und Services. Schon bisher konnten Kunden entscheiden, auf welcher Hardwareplattform sie ihren Nutanix-Stack betreiben wollten.

Demnächst nun wird der Umsatz von Nutanix-Appliances, deren Basis Hardware von Supermicro ist, nicht mehr zugunsten von Nutanix verbucht, sondern geht nur noch in die Kasse des Hardwarelieferanten. Bisher hat aber Nutanix noch nicht verkündet, dass das Hardware-Angebot vollkommen abgeschafft würde.

Software und Services allein sollen also zukünftig den Geldbeutel füllen. Bislang scheint die neue Ausrichtung dem Wachstum nicht geschadet zu haben: Der Umsatz betrug im kürzlich beendeten zweiten Quartal 2018 gegenüber dem entsprechenden Vorjahreszeitraum rund 287 Millionen Dollar und damit rund 44 Prozent mehr. Der Jahresumsatz liegt bei rund 1 Milliarde Dollar. Davon kamen 18 Prozent aus dem Raum EMEA.

Allerdings liegen die Nettoverluste noch immer bei rund 62 Millionen Dollar, also realisiert Nutanix von den drei Milliarden Umsatz, die das Unternehmen seinen Investoren bereits für 2021 verspricht, gerade einmal knapp ein Drittel. Damit wäre das inzwischen börsennotierte Unternehmen nach den Maßstäben der IT-Industrie noch immer ein Schnäppchen.

„Mit Flow vervollständigen wir jetzt unseren Infrastruktur-Stack“, sagt Greg Smith, Vice President Product Marketing Nutanix.
„Mit Flow vervollständigen wir jetzt unseren Infrastruktur-Stack“, sagt Greg Smith, Vice President Product Marketing Nutanix.
(Bild: Nutanix)

Der gekaufte Flow

Der Service-Ansatz allerdings wird entschlossen nach vorn gefahren. So präsentierte Nutanix in New Orleans, wo die diesjährige Tagung stattfand, gleich drei neue Dienste, von denen einer ins Infrastruktur- einer ins Plattform- und einer ins reine Softwaresegment fällt.

„Wir schließen jetzt die letzte Lücke in unserem Infrastruktur-Stack“, sagte Greg (Greg) Smith, Vice President Product Marketing des Herstellers, im Telefoninterview mit der Autorin im Vorfeld der Konferenz. Gemeint ist damit „Flow“, ein Ergebnis des Aufkaufs von Netsil, über dessen Preis Nutanix nicht spricht. Das Startup hat eine Anwendung entwickelt, die alle Applikationen innerhalb einer Infrastruktur zuerst entdeckt und dann ihre Abhängigkeiten voneinander darstellt. Das dient dazu, die HCI so in Mikrosegmente zu unterteilen, dass Applikationen und Services Daten nur mit anderen Services oder Apps austauschen können, wenn sie das auch sollen.

Mikrosegmentierungstechnologien sind insbesondere deswegen nötig, weil Daten innerhalb virtualisierter Infrastrukturen vermehrt auch in horizontaler Richtung, also auf derselben Infrastrukturebene, hin- und herfließen, etwa wenn eine virtuelle Maschine oder virtualisierte Applikation oder ein Mikroservice auf einen anderen zugreift. Solche Datenströme werden von herkömmlichen Sicherheits- und Management-Applikationen nicht ausreichend erfasst, was wiederum Management-, Sicherheits- und Compliance-Probleme auslösen kann.

Flow stellt alle Apps im System auf einer Google-ähnlichen Karte dar. Die App, die mit intelligenten Algorithmen ausgerüstet ist, kann über APIs auch direkten Einfluss auf ans HCI-System angeschlossene Peripheriegeräte ausüben und diese beispielsweise in Regelwerke einschließen, die den Datenfluss innerhalb der gesamten Infrastruktur steuern. Komplexe und zeitraubende Aufgaben wie etwa der Aufbau von VLANs lassen sich mit dem Service komplett automatisieren. Damit wird der Applikations-Lebenszyklus kompletter VMs, die unter „Nutanix AHV“ (Acropolis Hypervisor) laufen, ereignisbasierend steuerbar.

Flow, basierend auf Netsil-Technik erfasst die einzelnen Applikationen und ihre Abhängigkeiten und ermöglicht so die Mikrosegmentierung.
Flow, basierend auf Netsil-Technik erfasst die einzelnen Applikationen und ihre Abhängigkeiten und ermöglicht so die Mikrosegmentierung.
(Bild: Nutanix)

Flow wird vollständig in „Nutanix Enterprise Cloud OS“ integriert. Der Service ist sofort verfügbar und wird nach der Zahl der Knoten des Nutanix-HCI-Systems abgerechnet.

PaaS für Datenbanknutzer

Auf der PaaS-Ebene befindet sich der zweite Service, „Era“. Er wendet sich an Datenbank- und Storage-Manager und soll die Verwaltung von Datenbanken und des dazu gehörigen Storage erheblich vereinfachen, sicherer, regelkonform sowie vor allem kostengünstiger machen. Denn häufig werden von derselben Datenbank in ein und demselben Unternehmen mehrere Instanzen vollkommen unabhängig voneinander verwaltet und möglicherweise auch noch mehrfach kopiert.

So schätzt IDC nach einem Zitat von Nutanix, dass 60 Prozent des Speichervolumens in Unternehmen für das Copy-Data-Management draufgehen, was erhebliche Kosten verursacht. Era soll das ändern, indem sich die Lösung die ausgefeilte Snapshot-Technologie von Nutanix zunutze macht.

Mit Era lassen sich zeitgenaue Klone jeder beliebigen Datenbankinstanz samt aller Transaktionen ziehen und mit einem Mausklick wiederherstellen. Derzeit trifft das allerdings erst für Oracle- und PostgresSQL-Datenbanken zu. Es sollen aber rasch weitere Datenbanktypen mit dem Service kompatibel gemacht werden.

Besonders sinnvoll ist ein solcher Dienst für Datenbankadministratoren, die sich oft genug damit konfrontiert sehen, dass einzelne Datenbankinstanzen oder Teile davon schnellstens wiederhergestellt werden müssen. Er hilft auch Test- und Entwicklungsabteilungen, die damit rasch Arbeitskopien aktueller Datenbankinstanzen ziehen und mit ihnen weiterarbeiten können, etwa um neue Funktionen auszuprobieren oder den Grund für Fehler zu suchen.

Era ist als einziger der drei angekündigten Dienste noch nicht verfügbar, sondern soll von Nutanix-Kunden erst im zweiten Halbjahr genutzt werden können. Derzeit arbeiten einige Beta-Kunden damit. Auch ein Preismodell wollte Nutanix noch nicht kommunizieren.

Softwareservice für die Multicloud-Optimierung

Der dritte Service, den Nutanix ankündigte, kommt aus dem Multicloud-Sektor. Ihn bezeichnet Greg Smith als das derzeit wichtigste Investitionsfeld des Unternehmens. Auch diesem Service, „Beam“, liegt eine Akquise zugrunde. Am 1. März des laufenden Jahres übernahm Nutanix für einen nicht veröffentlichten Preis Minjar. Das Startup bietet mit „Botmetric“ einen Cloud-Service an, mit dem sich die Nutzung von AWS und Azure optimieren und abrechnen lässt.

Nach Unternehmensangaben verwaltet Minjar schon Cloud-Kosten in Milliardenhöhe. Die Kosten lassen sich nach Diensten und Nutzern in Echtzeit darstellen, so dass Finanz- und IT-Administratoren ein realistisches Bild von der Lage gewinnen.

Im Hintergrund arbeiten intelligente Algorithmen, die auch Optimierungsvorschläge ausspucken. Derzeit richten sich diese vor allem darauf, nicht mehr benutzte, aber noch auf der Rechnung stehende Public-Cloud-Infrastrukturkomponenten endlich abzuschalten oder Ressourcen zu skalieren, bevor Engpässe womöglich das Kerngeschäft oder wichtige IT-Abläufe behindern.

Zu AWS und Azure sollen unter der Ägide von Nutanix schon bald weitere Cloud-Anbieter hinzukommen. Auch Private Clouds lassen sich mit Beam heute bereits verwalten, was angesichts der Dominanz von Hybrid-Cloud-Infrastrukturen fast selbstverständlich erscheint. Beam ist sofort verfügbar und kostet einen Prozentsatz der anfallenden Cloud-Gebühren.

Weiter gedacht

Doch die Pläne von Nutanix mit Beam gehen erheblich weiter. „Wir werden Beam und Calm zusammenbringen“, sagt Smith. Calm war auf der europäischen Anwenderkonferenz im November vergangenen Jahres vorgestellt worden und ist ein Service, mit dem sich Applikationen in der Public Cloud bereitstellen und später auch zwischen Clouds migrieren lassen.

Wird diese Lösung irgendwann mit Beam kombiniert, ergeben sich für Cloud-Administratoren reizvolle Möglichkeiten: Sie könnten dann nicht nur sofort realisieren, wenn der gerade aktuelle Preis einer Dienstleistung es nahelegt, bestimmte Lasten oder Applikationen von Cloud A nach Cloud B zu verlegen, sondern diesen Vorgang auch direkt durchführen – Features, von denen Multicloud-Administratoren derzeit nur träumen können.

* Diesen Beitrag haben wir von unserem Schwesterportal DataCenter-Insider übernommen.

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