Siegel des Umweltbundesamts für Data-Center kommt nicht gut an Eco-Verband kritisiert „Blauen Engel“ als „praxisfern“
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Die vom Eco Verband der Internetwirtschaft e. V. initiierte Allianz zur Stärkung digitaler Infrastrukturen kritisiert die vom Umweltbundesamt (UBA) vorgesehenen Richtlinienneuerungen des „Blauen Engels“ für Rechenzentren als weiterhin „untauglich“ und „praxisfern“.

Béla Waldhauser, Chief Executive Officer des Co-Location-Anbieters Telehouse Deutschland GmbH und seit April 2014 für das operative Geschäft der KDDI und Telehouse in Deutschland verantwortlich, ist Sprecher der Allianz zur Stärkung digitaler Infrastrukturen in Deutschland. Er kommentiert: „Der Blaue Engel muss handhabbar und praktikabel für Rechenzentren werden. Bei der Überarbeitung des Umweltzeichens hat das UBA die Gelegenheit verstreichen lassen, den sehr starren Anforderungskatalog flexibler auszugestalten und die Praktikabilität des Blauen Engels zu stärken. Fakt ist: Rechenzentrenbetreiber haben ein Eigeninteresse, die Effizienz ihrer Rechenzentren so gut wie möglich zu steigern.“
Die Kriterien zum Blauen Engel würden zwar vorhandene und praktizierte Konzepte zur Eigenstromversorgung von Rechenzentren anerkennen, beim Thema Abwärmenutzung – dem neuen Kriterium des Blauen Engels – bestehe jedoch dasselbe Problem wie bei dem von der Bundesregierung geplanten Energie-Effizienzgesetz. „Zwar ist es grundsätzlich sinnvoll, die Bereitschaft der Betreiber zur Abgabe von Abwärme im Rahmen des Blauen Engels abzubilden. Doch besteht eine der größten Herausforderungen weiterhin darin, Abnehmer für die Abwärme zu finden“, so Waldhauser.
Da die notwendige kommunale Wärmenetzinfrastruktur nicht entwickelt sei, fänden die Betreiber bislang nur wenige Abnehmer. Zudem sei die Möglichkeit der Abwärmenutzung grundsätzlich standortabhängig und nicht überall möglich. „An dieser Stelle ist es Aufgabe der Politik, einen Markt für Abwärme-Abnehmer sowie ausreichend Ressourcen für Grünstrom aus erneuerbaren Energien zu schaffen. Ansonsten können diese Potenziale nicht genutzt werden.“
Die Forderung: realistische Anforderungen für Energieversorgung
Bereits vor der Neuerung habe die Eco Allianz nach eigenen Angaben „realistische Anforderungen für die Energieversorgung“ gefordert. Waldhauser: „Mit dem Blauen Engel ausgezeichnete Rechenzentren müssen zu 100 Prozent mit Strom aus erneuerbaren Energiequellen versorgt werden. Das ist unterstützenswert, aber an diesem Punkt sind wir schlichtweg noch nicht, weil die Politik die Energiewende um mehr als zehn Jahre verschlafen hat. Auch die Eigenstromnutzung kann damit nur ein Baustein zur Versorgung sein, wird allerdings nicht ausreichen, um den gesamten Strombedarf von Rechenzentren abzudecken.“
Gleichzeitig bleibe dann jedoch weiterhin das Problem bestehen, dass der Blaue Engel im international geprägten Markt nur wenig durchdringe, mahnt Waldhauser: „Europäische Selbstregulierungsinitiativen wie etwa den Climate Neutral Data Centre Pact halte ich für sehr viel sinnvoller.“ Er ist seit Mai 2022 Mitglied im Vorstand des Pakts für klimaneutrale Rechenzentren. „Die meisten in Deutschland ansässigen Rechenzentren agieren im europäischen und internationalen Wettbewerb, sodass national ausgelobte Umweltzeichen nur wenig Relevanz und Anerkennung bei internationalen Kunden finden.“
Doch der Vorwurf ans UBA geht noch weiter:
Das eigentliche Hauptproblem beim Blauen Engel sind die willkürlich gesetzten Grenzwerte, die zu einer mangelnden Markt- und Branchenakzeptanz führen.
Allerdings hatte das Umweltbundesamt den jetzigen Regeln einen aufwändigen Prozess vorgeschaltet, der alle Betroffenen zum Mitmachen eingeladen hatte.
Waldhauser jedenfalls ergänzt seine negativen Erwartungen: „Ich erwarte nicht, dass sich die Anzahl der Blauen-Engel-Umweltkennzeichennehmer in der Branche nach den Richtlinienanpassungen signifikant erhöhen wird. Die Anforderungskriterien zum Blauen Engel müssen sich deutlich stärker an europäischen Normen, Branchenstandards und Vereinbarungen orientieren.“
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