DSGVO als Chance für digitale Souveränität Europäischer Datenschutz ist internationales Gütesiegel
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Unternehmen in Deutschland haben den Wert der Digitalisierung erkannt und handeln dementsprechend. Um zum Ziel zu kommen, nutzen allerdings viele Organisationen US-amerikanische Dienstleister, die skalierbare Leistungen zu moderaten Kosten bieten und zudem schnell integriert werden können – aber zu Lasten des Datenschutzes. Um ihn zu stärken, sind europäische Lösungen gefragt.

US-Anbieter haben sich in den meisten Bereichen des Arbeitsalltags etabliert: von Cloud-Speicher über Tools für Videocalls bis hin zu Visual-Collaboration-Lösungen. Vor allem bei Funktionsumfang und Preisen können diese Lösungen punkten, allerdings ist der Datenschutz in vielen Fällen mangelhaft.
Vor knapp fünf Jahren ist die DSGVO in Kraft getreten, und schon zu Beginn stellte sie Unternehmen vor Herausforderungen. Indem der europäische Datenschutz durch das EU-Gesetz eine entscheidende Stärkung erfuhr, mussten Betriebe sich mit der Art und Weise auseinandersetzen, in der sie personenbezogene Daten verarbeiten. Das anlasslose Sammeln von Daten ist mittlerweile genauso illegal wie die Weitergabe personenbezogener Daten ohne legitimen Grund. Der größte Konfliktpunkt besteht nun in der Nutzung nicht-europäischer Cloud-Dienste und Lösungen, die der DSGVO nicht unterliegen beziehungsweise sie durch eigene regulatorische Vorgaben nicht einhalten können.
Laut einer aktuellen Umfrage des Bitkom-Verbands haben nun, fünf Jahre nach Inkrafttreten der Verordnung, rund 75 Prozent der befragten Unternehmen die Umsetzung der Verordnung nie ganz abgeschlossen (das Gros von 40 Prozent hat sie größtenteils umgesetzt) – ein erschütternder Wert in Anbetracht der drohenden Konsequenzen.
Abhängigkeit von Hyperscalern hat ihren Preis
SaaS-Lösungen, die auf der Struktur etablierter Hyperscaler betrieben werden, haben ihre Vorteile, vor allem was die Skalierbarkeit anbelangt. Zudem können sie wegen ihrer Größe und der Standardisierung der Angebote ihre Leistungen zu Kampfpreisen anbieten.
Der große Nachteil außereuropäischer Unternehmen gegenüber einheimischen Anbietern liegt im Datenschutz. Dieser hat in der EU einen vergleichsweise hohen Stellenwert und wurde 2018 mit Inkrafttreten der DSGVO verstärkt. Auch wenn seitdem fast fünf Jahre vergangen sind, befinden sich die meisten Software-Anbieter und damit auch die Unternehmen, die von ihrem Angebot Gebrauch machen, immer noch in einer Grauzone, was die Einhaltung der Verordnung angeht. Das häufigste Problem ist dabei die Nutzung von Rechenzentren außereuropäischer Firmen, zum Beispiel in den USA. Laut Bitkom-Umfrage nutzen 89 Prozent der befragten Unternehmen Cloud-Anbieter, die Daten in Länder außerhalb der EU übertragen.
Hierzu gehört auch Software, die auf den ersten Blick nicht unter die DSGVO fällt, da sie scheinbar keine personenbezogenen Daten verarbeitet, beispielsweise Lösungen zur Visual Collaboration: Mit Hilfe solcher Tools können Mitarbeiter gemeinsam an Projekten arbeiten. Nutzen die Mitarbeiter das Tool, um personenbezogene Daten zu verarbeiten, beispielsweise um eine Gästeliste für ein Event zusammenzustellen, fällt dies in den Geltungsbereich der DSGVO. Viele Anbieter – wohlgemerkt auch europäische – nutzen nicht-europäische Cloud-Infrastruktur, sprich Rechenzentren in den USA oder China. Die Nutzung solcher Anbieter kann unter Umständen einen Verstoß gegen die DSGVO darstellen, da die europäischen Regulierungen hier nicht mehr greifen.
Rechtliche Folgen
Der Grund hierfür liegt in der jeweiligen nationalen Gesetzgebung, beispielsweise in Form des US-amerikanischen Cloud Acts. Informationen, die von US-amerikanischen Unternehmen oder deren Partnern in US-Rechenzentren gespeichert oder verarbeitet werden, sind für Sicherheitsbehörden wie NSA und andere Geheimdienste zugänglich und einsehbar. Auch die Übermittlung an US-amerikanische Rechenzentren ist aufgrund des Schrems-II-Urteils von 2020 problematisch und stellt einen Datenschutzverstoß dar.
Bußgelder, die Unternehmen bei Verstößen im Rahmen der DSGVO zahlen müssen, sind hoch. Hinzu kommen Reputationsschäden bei publik gewordenen Verstößen. Echte Hilfe bietet hier nur die bewusste Entscheidung für europäische Anbieter mit Serverstandort in Europa.
Digitalisierung muss „made in Europe“ sein
Viele Unternehmen sehen die DSGVO als Bremsklotz, der sie bei ihrer Innovation zurückhält, oder – im schlimmsten Fall – als Damoklesschwert, das über ihnen schwebt und bei einem Verstoß hinabsaust. Doch sie ist mehr als das: Unternehmen, die Konformität zur DSGVO beweisen, zeigen ihr Engagement für den Datenschutz. Aufgrund des strikten Regelwerks, das sie bietet, kann Konformität zu ihr als Qualitätsmerkmal gelten – auch über europäische Grenzen hinaus – und dem Unternehmen so einen wertvollen Wettbewerbsvorteil verschaffen.
Indem Unternehmen den Schutz ihrer Kundendaten an erste Stelle setzen, vermeiden sie nicht nur die rechtlichen Konsequenzen der DSGVO, sondern erhalten den Datenschutz als weiteres Verkaufsargument. Denn Unternehmen außerhalb Europas können in den meisten Fällen nicht den gleichen Datenschutz bieten wie europäische Unternehmen.
Organisationen, die Produkte und Dienstleistungen europäischer und deutscher Anbieter nutzen, machen jedoch nicht nur einen entscheidenden Schritt hin zur DSGVO-Compliance, sondern leisten zudem einen Beitrag zur europäischen Souveränität, da sie die Unabhängigkeit von internationalen Großunternehmen vorantreiben.
Starker Datenschutz ist Wettbewerbsvorteil
Die DSGVO und weitere Maßnahmen zur Regulierung der Digitalwirtschaft sind eine hervorragende Grundlage, um Geschäftsmodelle zu fördern, die den Datenschutz und die mit ihm verbundenen europäischen Werte in ihrer DNA verankern. Unter Berücksichtigung der aktuellen internationalen digitalpolitischen Lage sollten Organisationen deshalb bei der Auswahl ihrer Lösungen auf europäische Anbieter setzen.
Hiermit entgehen Unternehmen nicht nur Bußgeldern und Reputationsschäden, sie erhalten einen weiteren entscheidenden Wettbewerbsvorteil. Der hohe europäische Datenschutz ist bereits jetzt international ein Gütesiegel: Auch im außereuropäischen Ausland haben sich die Anforderungen herumgesprochen, die mit der DSGVO einhergehen, und Unternehmen, die ihr entsprechen, sind auf andere Datenschutzverordnungen gut vorbereitet.
* Der Autor Daniel Bohn ist Co-Gründer und Product Lead von Conceptboard.
Bildquelle: Conceptboard
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