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Persistentes Memory Wettrennen um die Flash-Nachfolge

Autor / Redakteur: lic.rer.publ. Ariane Rüdiger / Jürgen Ehneß

Schon seit Jahren tüfteln einschlägige Firmen und Start-ups an den Nachfolgetechnologien für persistenten Flash-Speicher. Ein US- und ein israelisches Unternehmen mischen ganz vorn mit.

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Geschwindigkeit ist einer der entscheidenden Faktoren für Flash-Nachfolgetechnologien.
Geschwindigkeit ist einer der entscheidenden Faktoren für Flash-Nachfolgetechnologien.
(Bild: gemeinfrei / Pixabay )

Persistenter, festplattenloser Speicher wird in Zukunft eine immer wichtigere Rolle in der Storage-Hierarchie spielen. Doch die heute gängigen Technologien, Varianten von Flash, haben gravierende Nachteile. Um nur drei wichtige zu nennen: die begrenzte Lebensdauer insbesondere bei schreibintensiven Applikationen, das Speicherverfahren, das am schnellsten bei wenigen großen, aber langsamer bei vielen und schnell hintereinander einlaufenden kleinen Dateien funktioniert, und die für die Datenmassen der Zukunft nicht ausreichende Speicherdichte.

Dazu kommt, dass Erhöhungen der Speicherdichte durch das dreidimensionale Lagern von Speicherzellen in Technologien wie 3D XPoint von Intel/Micron die Lebensdauer von Memory und Flash-Storage weiter verringern und daher immer größere Software-Anstrengungen und Überkapazitäten verlangen, um den Ausfall einzelner Speicherzellen zu kompensieren. Kurz: Potente Nachfolgetechnologien für das Big-Data-Zeitalter werden gebraucht.

MRAM oder ReRAM?

Tatsächlich gibt es auch schon zwei Technologien, die Flash-Memory und SSDs in einigen Jahren ablösen oder ihnen zumindest in vielen Anwendungsfeldern heftige Konkurrenz machen könnten. Beiden ist gemeinsam, dass sie keinen Schreibarm mehr brauchen, sondern die einzelnen Zellen berührungslos und bis zur aktiven Änderung in den Null- oder den Einszustand bringen.

MRAM (magnetischer RAM) ändert den Zustand der Speicherzellen mit Hilfe elektromagnetischer Felder, die an die jeweilige Speicherzelle angelegt werden. ReRAM (Resistive RAM) tut dasselbe, indem der Widerstand einer Zelle durch Aufnahme und Abgabe von Elektronen zwischen zwei Extremwerten hin und her geschaltet wird.

Das MRAM-Modul nvNITRO von Everspin hat nur sechs Mikrosekunden Verzögerung.
Das MRAM-Modul nvNITRO von Everspin hat nur sechs Mikrosekunden Verzögerung.
(Bild: Everspin)

Derzeit gibt es noch nicht viele Hersteller, die in beiden Bereichen auch nur die Nähe der Produktionsreife erreicht hätten. Wohl am weitesten ist derzeit das US-Unternehmen Everspin, das auf die MRAM-Technologie gesetzt hat. Der Hersteller gibt an, bereits 120 Millionen Produkte ausgeliefert zu haben. Everspin produziert diskretes Memory für beispielsweise Datacenter-Applikationen und Memory für den Embedded-Bereich, der meist in Systems-on-Chip (SoC) eingebaut wird.

MRAM fürs Rechenzentrum

Ein Beispiel für ein Rechenzentrumsprodukt von Everspin ist das Storage-Beschleunigermodul Everspin nvNITRO, dessen Verzögerung nur sechs Mikrosekunden beträgt. Die Embedded-Produkte gibt es für parallelen und seriellen Zugriff in unterschiedlichen Dimensionen. Die beiden MRAM-Technologien, die Everspin derzeit verwendet, weisen unter anderem extrem hohe Lebensdauern von über 20 Jahren auf. Allerdings hat MRAM einen wichtigen Nachteil, der sich besonders in herausfordernden Embedded-Umgebungen bemerkbar machen dürfte: Die Technologie ist anfällig gegen elektromagnetische Felder.

Weebit Nano: eine ReRAM-Technologie ohne Exotenmaterialien

Hier liegt eine besondere Stärke von ReRAM-Technologien: Elektromagnetische Felder sind ihnen egal. Dies ist einer der Gründe dafür, dass das israelische Start-up Weebit Nano sich auf diese Technologie festgelegt hat. „Derzeit zielen wir wegen der riesigen Nachfrage durch Applikationen wie das Internet der Dinge und wegen der speziellen, dazu sehr gut passenden Eigenschaften unseres Memorys erst mal auf das Embedded-Segment“, sagt CEO Coby Hanoch.

Schematischer Aufbau einer ReRAM-Speicherzelle von Weebit Nano. Man erkennt die SiOx-Schicht, die zwischen zwei Metallschichten eingebettet ist.
Schematischer Aufbau einer ReRAM-Speicherzelle von Weebit Nano. Man erkennt die SiOx-Schicht, die zwischen zwei Metallschichten eingebettet ist.
(Bild: Weebit Nano)

Eine weitere Eigenheit der Technologie von Weebit Nano: Der Start-up verwendet keine exotischen Materialien für seine Chips, sondern Siliziumoxid (SiOx), wie es die gesamte Halbleiterbranche für Standardprodukte verwendet. Der zusätzliche Fertigungsaufwand für die Produktion der ReRAM-Chips liegt gegenüber konventionellen Technologien bei nur wenigen Schritten.

Produktion skalieren leicht gemacht

Viele Hersteller, die auf exotische Materialien setzen, hätten, so Hanoch, heute Schwierigkeiten, ihre Designs auf Produktionsstückzahlen hochzufahren, weil andere Materialien eben doch mehr Arbeit machten. Die Prozesse, die im Labormaßstab durchaus liefen wie geplant, ließen sich mitnichten einfach skalieren. „Wir haben uns im Gegensatz dazu von Anfang an auf die Fertigungstechnik skaliert“, sagt Hanoch. Das schlage sich demnächst in sehr wettbewerbsfähigen Preisen nieder.

Für das Ziel, in SoCs eingebaut zu werden, bedeutet das Substrat SiOx vor allem eines: dass die Technologie des übrigen Systems mit dem der Speicherchips ohne Verrenkungen zusammenpasst und dass Fertigungsstraßen relativ unkompliziert mit den Speicherchips arbeiten können. Auch ReRAM-Technologie lässt sich übrigens dreidimensional stapeln, was höhere Dichten ermöglicht.

Strukturell besteht eine Speicherzelle aus zwei Metallschichten und einer zwischen ihnen liegenden SiOx-Schicht, in die bei einer angelegten Spannung Elektronen aus der oberen Metallschicht eingebracht werden können, die dann an dieser Stelle den Widerstand erhöhen. Sie setzen sich dabei in die Löcher im Elektronengitter des SiOx. Dasselbe funktioniert auch rückwärts. Einmal angenommene Widerstandslevel bleiben konstant, bis der Strom wieder fließt und gegebenenfalls den Widerstand der entsprechenden Zelle wieder ändert.

Erstes Produkt steht vor der Fertigstellung

Bis Jahresende möchte Weebit Nano ein marktreifes 1-Mbit-Memory-Modul für Embedded-Applikationen fertig haben, erklärt der Weebit-Nano-Chef. Demo-Exemplare gebe es schon. Der 1-Mbit-Chip ermögliche Millionen von Schreibzyklen und habe eine Haltbarkeit von mindestens zehn Jahren. Zudem verbraucht er nur minimale Strommengen und passt damit optimal in Anwendungen, die zwar viel leisten, aber wenig verbrauchen sollen, weil es schwierig oder unmöglich ist, beispielsweise ständig Batterien auszuwechseln.

Das Marketing der Embedded-Produkte richtet sich derzeit vor allem auf Unternehmen in Asien, die die Speicherchips in ihre SoCs und andere Lösungen einbauen sollen. „China fährt zwar selbst die Produktion hoch, kann aber seinen Bedarf an Chips längst nicht decken“, sagt Hanoch. Mit SiEN, einer Gründung des chinesischen Elektronikpioniers Richard Chen, besteht bereits eine Partnerschaft, eine weitere mit einem koreanischen Tier-2-Unternehmen, dessen Name aber nicht genannt werden darf.

Zukunftsmarkt neuromorphes Computing

Ein Anwendungsfeld, von dem sich Hanoch sehr viel verspricht, sind neuromorphe Rechner. „Die interne Struktur und Arbeitsweise unserer Technologie ähnelt der des Gehirns“, sagt er. Die ReRAM-Chips wären daher optimal für diesen Rechnertyp geeignet. Allerdings gibt es bislang vor allem Konzepte und Erstrealisierungen; von einem breiteren Markt ist neuromorphes Computing noch weit entfernt.

Beim Embedded-Markt soll es für Weebit Nano nicht bleiben. In zwei bis drei Jahren sind auch diskrete Speicherprodukte für den RZ-Markt geplant. Der wichtigste Bremsklotz auf dem Weg dorthin ist der Selektor.

Der DC-Markt folgt später

Für das wahlfreie Schreiben und Lesen verwendet Weebit Nanos Embedded-Chip nämlich einfach einen Transistor. Doch der wäre für ein diskretes Modul schlicht zu klobig. Die französische Forschungseinrichtung CEA-Leti (Laboratoire d’electronique des technologies de l’information) in Grenoble tüftelt deshalb schon fünf Jahre lang an einem zu ReRAMs passenden Miniselektor. Er soll in die diskreten ReRAM-Lösungen von Weebit Nano eingebaut und zusammen damit vermarktet werden. Der chinesische Flash-Memory-Spezialist XTX, der nach Ersatz für NOR-Flash sucht, hat die Technologie von Weebit Nano bereits evaluiert und als prinzipiell geeignet befunden.

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