HPE kauft Bluedata, einen Anbieter von AI-Plattform-Software Künstliche Intelligenz aus dem Datenpool

Autor / Redakteur: lic.rer.publ. Ariane Rüdiger / Jürgen Ehneß

Ende November 2018 kaufte Hewlett Packard Enterprise (HPE) den Künstliche-Intelligenz-, Machine-Learning- und Big-Data-Analytics-Spezialisten Bluedata und damit dessen Plattform Epic. Den Preis gab HPE nicht bekannt. Storage-Insider-Autorin Ariane Rüdiger sprach mit Patrick Osborne, weltweiter Vice President für Big Data und Secondary Storage bei HPE, über die Hintergründe des Deals.

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Durch den Kauf von Bluedata kann HPE seinen Kunden künftig ein umfangreicheres Portfolio in den Bereichen Künstliche Intelligenz, Machine Learning und Big-Data-Analytics bieten.
Durch den Kauf von Bluedata kann HPE seinen Kunden künftig ein umfangreicheres Portfolio in den Bereichen Künstliche Intelligenz, Machine Learning und Big-Data-Analytics bieten.
(Bild: © sdecoret - stock.adobe.com)

Herr Osborne, welche strategischen Überlegungen stehen hinter dem Aufkauf von Bluedata?

Patrick Osborne: Wir haben in unserem breiten Kundenkreis sehr große Unternehmen. Diese Kunden stecken meist voll in der digitalen Transformation und wollen KI [Künstliche Intelligenz], ML [Machine Learning] und Big-Data-Analytics nutzen, um ihre Geschäftsprozesse neu zu gestalten. Ihnen wollen wir ein umfangreicheres Angebot machen. Bluedata hat zwar noch nicht sehr viele Kunden …

Der Gesprächspartner: Patrick Osborne, VP AI und Big Data Analytics bei HPE.
Der Gesprächspartner: Patrick Osborne, VP AI und Big Data Analytics bei HPE.
(Bild: HPE)

Wie viele sind es denn?

Ein paar Dutzend. Aber es sind sehr große, weltweit in ihren Branchen – wie Pharma, Healthcare, Finanzwesen oder Einzelhandel – führende Firmen.

Was tun Kunden mit Bluedata Epic?

Im Finanzwesen geht es häufig um Risikoanalysen, Betrugsverhinderung oder Kreditscoring, im Pharmabereich darum, schneller vielversprechende Zielmoleküle für neue Medikamente zu finden, bei Healthcare beispielsweise um Genanalysen oder die Entwicklung neuer Therapien.

Bluedata hat auch über Dell EMC als Channel verkauft. Versuchen sie durch die Akquise auch, hier Ihrem großen Rivalen Territorium abzunehmen?

Natürlich freuen wir uns, wenn ein Kunde sich entschließt, auf unsere Infrastrukturprodukte umzusteigen, aber für den Kauf hat das keine wesentliche Rolle gespielt. Dafür waren die oben genannten Faktoren wichtiger. Zudem sind in den Unternehmen die für KI nötigen Fähigkeiten dünn gesät. Es gibt einfach zu wenige Data Scientists, Data Engineers und Analytiker. Oft müssen die wenigen Spezialisten erst mal umständlich die für ihre Analysen nötige Infrastruktur aus vielen Patchwork-Teilen technisch zusammenbasteln. Hier macht Bluedata ein Angebot, welches das alles vereinfacht. Denn die Datenspezialisten sollen sich auf ihre Kernaufgabe konzentrieren.

Inwiefern vereinfacht das alles? Bei der Lektüre eines technischen Whitepapers zum Thema habe ich gestaunt, wie viele Vorkonfigurationen, architektonischen Aspekte et cetera zu beachten sind, wenn man Bluedata Epic in ein Unternehmen bringt.

Vereinfacht aus der Perspektive des Datenanalytikers, der eine fertige Infrastruktur vorfindet und sich die Komponenten zukünftig per Point-and-Click über eine Web-Adresse an einem Selbstbedienungsportal ad hoc zusammenstellen kann, statt einen komplexen Installationsprozess erst anzustoßen und dann zu durchlaufen. Natürlich muss man überlegen, wie man Epic im Unternehmen installiert, wegen der Architektur kann man aber sehr einfach anfangen, mit einem Laptop und einer Datenquelle beispielsweise, und dann expandieren. Hinsichtlich der Infrastruktur reden wir mit CDOs, CIOs oder Infrastrukturabteilungen und bringen sowohl über HPE Pointnext als auch seitens Bluedata ausreichend Kompetenz mit, um Kunden strategisch zu beraten und bei der Implementierung zu unterstützen. Aber auch hier ist vieles einfacher, weil wir mit Containern arbeiten und höchst flexibel hinsichtlich des Aufbaus eines solchen Systems sind. Wir unterstützen jede Form von Infrastruktur – Public, Private und Hybrid – gleichermaßen. Die Daten können praktisch überall liegen.

Da stellen sich zwei technische Fragen: Erstens besitzen Container keine Datenpersistenz. Und zweitens ist der Transport der Daten zur Analyse bandbreitensensitiv. Haben Sie für beides Lösungen, und wenn ja, welche?

Wir haben eigene Persistenzmechanismen für die Epic-Container entwickelt, damit auch Stateful-Applikationen mit unserem System laufen können. Das im Detail zu erklären, würde hier zu weit führen. Aber Daten gehen nicht verloren, wenn ein Container gelöscht wird, und bleiben mit dem Container logisch verbunden, sollte er umziehen. Für das Problem des Datentransports haben wir einerseits einen schnellen und Platz sparenden Transportmechanismus entwickelt und zweitens, was ich beinahe für wichtiger halte, sogenannte Data Taps. Das sind, sinnbildlich gesprochen, gesicherte Wege von der Rechenkapazität zu den Daten. So kann die Compute-Leistung mit den nötigen Daten eines woanders liegenden Data Lake arbeiten, ohne dass sie physisch zur Rechenpower gebracht werden müssen. Unsere Technologie trennt Compute und Storage voneinander.

Kann damit beispielsweise die Rechenleistung in der Cloud erbracht werden, während die Daten beim Kunden liegen bleiben?

Ganz genau. Viele Kunden behalten ihre Daten aus geschäftlichen oder Sicherheitsgründen doch lieber in der eigenen Infrastruktur. Aber das Thema Datengravität bleibt auch dort: Es ist nun mal extrem langwierig und gegebenenfalls auch teuer, große Datenmengen zur Rechenpower zu leiten – oder umgekehrt. Mit Data Taps können die Daten ganz einfach bleiben, wo sie sind, und wer sie analysieren will, kann sicher auf die jeweiligen Datenpools zugreifen. Das passt übrigens sehr gut zu unserem Paradigma, dem Kunden die Wahl zu lassen und davon auszugehen, dass die Hybrid-Cloud de facto die Unternehmens-IT-Infrastruktur der absehbaren Zukunft ist.

Aufbau der Bluedata EPIC Softwareplattform.
Aufbau der Bluedata EPIC Softwareplattform.
(Bild: HPE)

Wie sieht es mit hyperkonvergenten Lösungen aus? Arbeiten auch sie mit Bluedata Epic nahtlos zusammen?

Epic braucht Infrastruktur. Oft ist es sinnvoll, die Plattform mit ihren Containern ohne Hypervisor direkt, also bare metal, aufs System zu installieren. Dafür können wir sie je nach Anwendung beispielsweise mit unseren Apollo-Systemen, mit Memory-Driven-Plattformen oder mit Plattformen kombinieren, die viele grafische Verarbeitungseinheiten [GPU] besitzen. Das alles wird übrigens nach Nutzung abgerechnet im Rahmen von HPE Greenlake. Aber im Prinzip kann Epic auch auf einer hyperkonvergenten Plattform innerhalb einer virtuellen Maschine arbeiten, auf der dann die Container laufen. Unsere Kunden allerdings scheinen mir andere Lösungen vorzuziehen, die nahezu unbegrenzt skalieren und nahtlos in die Cloud expandieren können.

Für mittelständische Unternehmen scheint mir Epic zu groß zu sein.

So grundsätzlich kann man das nicht sagen. Aktuell wenden wir uns zwar vor allem an größere Firmen, bei denen es an mehreren Lokationen Daten, Analytiker und Rechenpower gibt. Aber es sind gerade in der entstehenden Datenökonomie auch kleinere Firmen, auf die das zutrifft und für die es sinnvoll ist, die rund 250.000 Dollar auszugeben, die man für den Einstieg wohl braucht.

Wird es einen SaaS von Bluedata bei einem der großen Hyperscaler geben?

Im Moment nein, wir halten uns das natürlich offen. Unsere Kontakte zu den Hyperscalern sind sehr eng, aber im Moment integrieren wir uns nur auf Infrastrukturebene. Der Kunde muss also Rechenpower oder Storage, bei AWS beispielsweise EC2 oder S3, mieten, um dort Epic zu installieren.

Wie sieht es mit der Weiterentwicklung von Bluedata unter der Ägide von HPE aus? Wie weit ist die Expansion von Bluedata in Deutschland gediehen, und wie soll es hier weitergehen?

Der Schwerpunkt liegt nach dem Aufkauf momentan auf der personellen Verstärkung und dem Aufbau erweiterter Vertriebsstrukturen, damit wir die Lösung breiter in den Markt bringen können. Bluedata wurde erst 2012 gegründet, befindet sich also noch in einem frühen Stadium. Das Unternehmen hat sich bislang eher auf die USA und Großbritannien konzentriert, obwohl es Kunden in Italien, Frankreich und auch in Deutschland gibt, über die wir aber noch nicht reden möchten. Außerdem hat Bluedata in Deutschland mit Computacenter als Channel-Partner zusammengearbeitet. Jetzt heuern wir vor allem Vertriebs- und Presales-Spezialisten an, um mehr Kunden adressieren und die Bestandskunden bei der Skalierung ihrer Bluedata-Implementierung besser unterstützen zu können.

Herr Osborne, wir bedanken uns für das Gespräch.

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