Die Datenspeicherung von morgen Teil 3 Millipede – die „Nano-Lochkarte“
Aus den Laboren von IBM kommt Millipede (Tausendfüßler), ein mikroelektrisches-mechanisches Speichersystem, kurz MEMS. Vor einigen Jahren ist es dem Unternehmen gelungen, mit dem Rasterkraftmikroskop seinen Namenszug in atomaren Größenordnungen zu schreiben. Das war der frühe Vorläufer von Millipede. Ursprünglich war IBM auf der Suche nach einer Alternative zur CD-ROM, doch mittlerweile ist das Verfahren so vielversprechend, dass es mittelfristig die Festplatte ablösen könnte.
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Eigentlich könnten nach Aussagen von Insidern schon längst serienreife Produkte auf dem Markt sein. Angeblich hält sich IBM aber noch mit der Produktion zurück, da man es einigen nahestehenden Unternehmen zunächst ermöglichen will, ihre Investitionen in die CD- und DVD-Technik wieder reinzuholen.
Im Labor wurden mit Prototypen Speicherdichten von einem Gigabit pro Quadratzoll erreicht. Mittlerweile konnte die Speicherdichte auf ein Terabit pro Quadratzoll gesteigert werden. Gegenwärtig arbeiten die Forscher mit einem Prototyp, der insgesamt über 4.096 Kantilever – also Hebelchen – verfügt, die in einer Matrix von 64 x 64 angeordnet sind, und die je 100 bis 300 Kilobit pro Sekunde lesen oder schreiben können. Da alle Tastköpfe parallel arbeiten, ergibt sich eine minimale Bruttodatenrate von circa 400 Megabit pro Sekunde. Die Zugriffgeschwindigkeit ließe sich durch zusätzliche Kantilever linear steigern. Diese Option stößt jedoch durch die exponentiell wachsende Stromaufnahme an Grenzen.
Millipede-Speicherchips werden voraussichtlich schon im kommenden Jahr auf den Markt kommen. IBM wirbt jedenfalls damit, dass sich Millipede mit den bewährten Verfahren der Halbleiterherstellung in großen Stückzahlen produzieren ließe und mittelfristig sogar das Potenzial habe, die Festplatte abzulösen.
Nano-Lochkarte
Am Anfang der Computer-Schöpfungsgeschichte war die Lochkarte. Ratternde Lochkartenleser blätterten damals große Stapel dieses Programm- und Datenspeichers durch. Dicke Nadeln tasteten dabei die auf Kartonage eingestanzten Löcher ab.
Überträgt man diese Form der Speichertechnik auf Nanostrukturen, dann bekommt man eine Vorstellung, wie Millipede funktioniert: Millipede benutzt als Speichermedium ein Polymer. Dieses wird unter Hunderten winzig kleiner feststehender Hebelchen (Kantilever) vorbeigeführt, die das Medium auf Vertiefungen untersuchen. Vertiefungen entsprechen einer logischen „1“, während die unbeschädigte Oberfläche als logisch „0“ interpretiert wird.
Das Lesen – und vor allem das Schreiben und Löschen – ist bizarr, wenn nicht sogar anachronistisch, verglichen mit magnetischer Aufzeichnung: „1“ wird geschrieben, indem der Kantilever auf 400 °Celsius erhitzt und dann einen nanogroßen Krater in die Polymer-Oberfläche schmilzt. Dieser wird wieder gelöscht, indem die Vertiefung durch mehrere kleinere Schmelzvorgänge am Kraterrand eingeebnet wird. Und gelesen wird, indem der Kantilever auf 300 °Celsius erwärmt und anschließend die Zeitdauer der Abkühlung gemessen wird. Befindet sich die Kantileverspitze in einem Krater, so kühlt sie schneller ab. Dadurch sinkt der elektrische Widerstand, was sich als logische „1“ interpretieren lässt.
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