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Interview Charles Giancarlo, Pure Storage „Storage konsumieren wie in der Cloud“

Pure Storage wurde bekannt als Pionier des SSD-Speicherns und sieht sich hier technologisch als Marktführer. Ein Gespräch mit CEO Charles Giancarlo über zukünftige Trends sowie den Einfluss von Covid und des Ukrainekrieges auf das Geschäft des Unternehmens.

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Die Arrays von Pure Storage, hier ein Pure FlashArray XL, setzen ausschließlich auf Flash-Storage.
Die Arrays von Pure Storage, hier ein Pure FlashArray XL, setzen ausschließlich auf Flash-Storage.
(Bild: Eric Chao/Pure Storage)

Storage-Insider: Herr Giancarlo, wie ist Ihr Unternehmen durch das Jahr 2021 gekommen?

Charles Giancarlo, Pure Storage: Im Februar endete unser Fiskaljahr, im März haben wir berichtet. Wir sind gegenüber 2020 um 30 Prozent gewachsen, gegenüber dem dritten Quartal des Geschäftsjahres 2020/2021 sogar um 40 Prozent. Inzwischen haben wir rund 2,2 Milliarden Dollar Umsatz. Unser Wachstum liegt also im Plan.

Was war Ihre Strategie in der Covid-Rezession?

Giancarlo: Vor allem haben wir trotz zeitweilig rückläufigen Geschäfts weiter investiert. Denn Rezessionen enden immer, deshalb darf man nicht aufhören zu investieren, wenn das möglich ist. Endet die Rezession, kann man dann die Früchte seiner Investitionen ernten.

Kaum nähert sich die Covid-Pandemie einem weniger akuten Stadium, bricht die nächste Krise aus. Wie weit beeinträchtigt der Ukraine-Krieg Ihr Geschäft?

Giancarlo: Wir haben in Russland eine Niederlassung mit 15 Mitarbeitern betrieben, die unter einem Prozent zum Umsatz beisteuerte. Diese Niederlassung haben wir geschlossen. Die 15 Mitarbeiter, die wir entlassen mussten, bekamen hohe Abfindungen. Auch aus Belarus, mit dem wir weniger Geschäft machten als mit Russland, haben wir uns vollständig zurückgezogen. In der Ukraine arbeiten wir bisher nur mit Partnern zusammen.

Wie sieht es mit dem Rest von Europa aus? Immerhin besteht ja das sehr reale Risiko einer militärischen Auseinandersetzung über die ehemals zu Russland gehörenden Länder hinaus.

Giancarlo: Wir werden weiter in Europa investieren, es ist einer unserer wichtigsten Märkte. Wir haben Forschung und Entwicklung in Prag; dort arbeitet ein großes Team, auch Ukrainer darunter, die jetzt zur Landesverteidigung dorthin zurückgekehrt sind. Wir haben dafür ukrainische Flüchtlinge eingestellt und unsere Niederlassung dort sogar vergrößert.

„Wir wollen, dass Anwender im Unternehmen genauso leicht auf Daten und Speicher zugreifen können wie in der Cloud“: Charlie Giancarlo, CEO Pure Storage.
„Wir wollen, dass Anwender im Unternehmen genauso leicht auf Daten und Speicher zugreifen können wie in der Cloud“: Charlie Giancarlo, CEO Pure Storage.
(Bild: Pure Storage)

Welche aktuellen Pläne hat Pure? Wie soll es technisch und strategisch weitergehen?

Giancarlo: Wir waren die ersten, die konsequent Halbleiterspeicher für Storage eingesetzt haben. Unsere Systeme sind einfach handhabbar, brauchen wegen unseres Designs und unserer sehr ausgefeilten Software nur 20 Prozent der Energie konventioneller Storage-Systeme und sparen Platz, weil sie dichter sind. Unsere Kunden kaufen Pure, weil sie mehr mit ihren Daten machen wollen und dabei effizienter sein möchten. In dieser Richtung geht es weiter.

Was ist der nächste Schritt?

Giancarlo: Wir gehen voran damit, Anwendern die Daten auf unseren Systemen genau so zur Verfügung zu stellen, wie sie das aus der Cloud gewohnt sind. Kein Cloud-User muss erst zur IT gehen, wenn er mehr Speicher braucht. Genau so soll es in Zukunft auch bei uns funktionieren, und zwar für Cloud-Native und andere Anwendungen. Für Portworx, das die Cloud-Native-Anwendungen bedient, haben wir Dienste im Beta-Durchlauf, die Datenbanken, Indexierung, Backup und Disk Recovery bereitstellen. Das gleiche gilt für Fusion, das direkte Zugriffsfunktionen für die übrigen Applikationen zur Verfügung stellt. Auch hier sind wir im Beta-Stadium und wechseln im Juni zur generellen Verfügbarkeit.

Cloud-Verbrauchsmodelle haben aber andere inzwischen auch.

Giancarlo: Es geht nicht um die Abrechnung, sondern um die technische Seite. Wer heute die entsprechenden Angebote von HPE, Dell oder anderen nutzt, bekommt eine On-Demand-Abrechnung für seine Vor-Ort-Geräte. Der Rest läuft wie gehabt. Entwickler müssen noch immer zur IT, wenn sie beispielsweise neue Storage brauchen. Wir sind derzeit tatsächlich die Einzigen, die reale Cloud-Prozesse etwa bei der Speichererweiterung beim Kunden umsetzen. Das ist für mich der wichtigste Trend überhaupt: nach Netzen durch IP, Compute durch VMs und Containern jetzt endlich auch Storage wirklich zu virtualisieren.

Das würden Firmen wie Datacore aber anders sehen!

Giancarlo: Das kann sein. Aber tatsächlich war die Flexibilität bei diesen Lösungen nie sehr groß. Es ging mehr als bei dedizierter Storage, aber dass Storage als ein einziger großer Pool betrachtet wird, auf den Anwendungen nach Belieben zugreifen können, das wurde erst durch die Cloud umgesetzt.

Weiter zu einem anderen Thema: Derzeit geht es in der IT viel um Nachhaltigkeit. Wie sieht es hier bei Pure aus?

Giancarlo: Das Thema hatten wir von Anfang an im Auge. Unsere Evergreen-Strategie bedeutet ganz einfach: Unsere Systeme werden nicht alt. Sie haben kein end of life. Vielmehr werden die Komponenten je nach Bedarf immer wieder ausgetauscht, bis hin zum Chassis, ohne dass deswegen Anwendungen migriert werden müssen.

Was passiert mit den ausgetauschten Controllern, Chassis oder Speicherkarten?

Giancarlo: Wir sehen sie uns genau an. Und falls das möglich ist, überarbeiten wir sie und setzen sie dann in unserem reinen Serviceangebot Pure as a Service ein. Es wird in diesem Zusammenhang im Juni mehrere Aktualisierungen geben, über den ich aber noch nicht sprechen möchte. Was nicht wiederverwendbar ist, wird an einen professionellen Recycler weitergegeben.

Sind also die Module, die Sie für Pure as a Service verwenden, unzuverlässiger?

Giancarlo: Nein, wir verlangen hier dieselben Zuverlässigkeitsstandards.

Wie sehen Sie die Weiterentwicklung bei Flash-Storage?

Giancarlo: Wir verwenden in unseren Highend-Systemen derzeit TLC [Triple-Level-Storage], in den übrigen bereits QLC [Quad Level Storage]. Wir sind derzeit die einzigen, die so günstig arbeiten, dass wir Flash auch in Sekundär-Storage einsetzen können. Das liegt daran, dass wir nicht mit SSDs arbeiten. SSDs sind im Grunde so, als würde man einen Computer bauen, der wie eine Schreibmaschine arbeitet: Sie nutzen das Potential der Technologie nicht aus. Die Preise können wir trotzdem im Rahmen halten.

Wie funktioniert das?

Giancarlo: Hier profitieren wir von unserem Software-Know-how, das wir über zehn Jahre aufgebaut haben. So können wir QLC zu Preisen anbieten, die nicht höher sind als die früherer Speichertechnologien. Der Flash wird von unserer Software sehr effektiv gemanagt. So verlängern wir die Lebensdauer, packen mehr QLC auf eine Karte, brauchen weniger Überkapazität, um den Wear-Out zu kompensieren, und erreichen durchschnittliche Datenreduktionsraten von 4,5.

Verwendet Pure jetzt oder in Zukunft auch andere festplattenlose Speichertechnologien?

Giancarlo: Wir nutzen Intel Optane für die Beschleunigung in bestimmten Anwendungen, das ist aber sehr teuer. Technologien wie Magnetwiderstandspeicherung haben längst nicht das Volumen der Flash-Technologien, weshalb dort auch mehr Investitionen fließen, was dann wiederum die Entwicklung befeuert. Wir werden wahrscheinlich schon in 18 Monaten marktreifes PLC [Penta-Level-Cells, Speicherbausteine mit fünf Speicherebenen] sehen.

Wo sehen Sie Entwicklungsgrenzen des Stacking?

Giancarlo: Da ist noch viel Luft nach oben. Einerseits bei den Ebenen. Ich halte es für möglich, dass wir bis 256 Speicherebenen kommen. Und andererseits in der Fläche. Prozessoren haben Strukturbreiten von inzwischen fünf oder sechs Mikrometern. Und Speicherbausteine? Da sind wir bei dreißig oder mehr. Hier geht also noch viel. Ich schätze, wir werden noch mindestens zehn Jahre mit konventioneller Halbleitertechnologie weiterkommen.

Wie sieht es mit dem aktuellen Trend aus, Computing und Storage wieder enger zusammenzubringen, indem Rechenleistung direkt auf die Speichermodule gepackt wird? Die SNIA hat hier ja bereits erste Standards formuliert.

Giancarlo: Ich glaube, dass die Trennung zwischen Compute und Storage erhalten bleibt, vor allem weil sich Programmierung und Hardware unterschiedlich schnell weiterentwickeln. Software dauert länger. Aber man kommt auch so weit: Wir können heute fünf Petabyte in ein Gerät mit dem Volumen und dem Stromverbrauch einer Mikrowelle packen – andere brauchen dafür erheblich mehr Platz und Energie.

Wo sehen Sie Pure in zehn Jahren?

Giancarlo: Wir investieren viel in R&D, weil für uns Storage eine Kerntechnologie ist. 2022 sind es wieder 20 Prozent. Der Wettbewerb gibt sich mit fünf und weniger zufrieden. Ich gehe davon aus, dass wir in zehn Jahren Technologieführer sein werden und, wenn wir weiter so wachsen wie bisher, im Markt auf Platz eins oder zwei stehen.

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