Sekundär-Storage für Multi-Cloud Cloudian punktet mit S3-Kompatibilität
Sekundär-Storage bleibt entgegen der ursprünglichen Erwartung der Branche vermehrt im privaten Teil der Hybrid-Cloud. Allerdings werden auch hier gern die Schnittstellen und Protokolle von AWS eingesetzt. Cloudian hat sich von Anfang an technologisch für ein solches Modell aufgestellt.
Anbieter zum Thema

Gut, wenn man während der Karriere erworbenes Tech-Wissen so effizient weiterverwenden kann wie Mike M. Tso, CEO von Cloudian, ein Spezialist für Objekt-Sekundär-Storage für Hybrid-Cloud-Umgebungen. Nach Stationen bei Tech-Größen wie Intel, wo er wichtige Synchronisierungsalgorithmen entwickelte, gründete Eric Brewer, den er noch aus der Schule kannte, Inktomi und holte Tso in die Firma. Als zweites gründete Tso mit einigen anderen ein Unternehmen, das Messaging-Systeme für die größten Mobilprovider entwickelte. „Wir hatten nur 25 Kunden, allesamt große Provider, und waren von Anfang an profitabel“, erinnert sich Tso.
Sein drittes Start-up ist nun Cloudian. „Wir sind von Anfang an davon ausgegangen, dass nicht die gesamte Storage in die Cloud wandert, dazu sind die Bandbreiten zu gering und die Datenmassen zu groß“, sagt Tso. Zudem wusste er schon aus seinen vorherigen Erfahrungen insbesondere bei Gemini Mobile, wie man Daten am besten über mehrere Rechenzentren verteilt – genau das, was heute in Hybrid-Clouds gefragt ist und was, so Tso, „niemand so gut kann wie wir. Für uns ist eine Cloud logisch ganz einfach ein Server.“
Multi-Cloud-Storage mit dem CAP-Theorem
Dahinter steht das sogenannte CAP-Theorem, das besagt, dass man immer nur zwei der drei Parameter Konsistenz (Consistency), Verfügbarkeit (Availability) und Partitionierung optimal gestalten kann; der dritte muss jeweils nach besten Möglichkeiten im Einzelfall realisiert werden. Überdies nimmt die Komplexität mit der Größe des Systems exponentiell zu. Inzwischen heißt es nach seinem Erfinder Brewer-Theorem, ist – gut für Cloudian – frei nutzbar und liegt dessen Datenverteilungsmethoden zugrunde.
Tso benennt weitere Grundideen hinter Cloudians Hyperstore-Produkten, die sich mittlerweile in Version 7 befinden: Storage müsse heute kompatibel zu S3 und Amazon-Protokollen sein, um Erfolg zu haben, und die Rechenpower auch für komplexe Analysen müsse zu den Daten gebracht werden statt umgekehrt. So nutzen einige Kunden Cloudian heute als Hadoop-analoge Plattform für analytische Auswertungen.
Geduldige Investoren
Das Unternehmen ist seit dem Gründungsjahr 2011 auf rund 210 Mitarbeiter angewachsen, macht einen hohen zweistelligen Millionenumsatz und wird von Investoren wie Intel oder Fidelity finanziert, deren Geduld weiter reicht als einige Jahre. „Wir könnten profitabel sein, investieren derzeit aber lieber in Expansion“, sagt Tso. Von den 350 Kunden weltweit kommen rund 150 aus Europa – der europäische Anteil am Umsatz beträgt etwa 40 Prozent – und davon die Hälfte aus Deutschland. Einen Branchenfokus gibt es nicht, vielmehr ist die Lösung für alle Unternehmen interessant, die große Mengen von Objektdaten dauerhaft verwalten müssen. „Dazu gehören beispielsweise Forschung, Banken, die Medienbranche, aber auch viele andere“, sagt Carsten Graf, der als Sales Director DACH das Geschäft im deutschsprachigen Raum aufbaut.
In Deutschland sei man besonders stark, weil es hier ein erhöhtes Sicherheits- und technologisches Qualitätsbewusstsein gebe, sagt Graf. Tso ergänzt: „Wir haben in Japan, unseres Erachtens der anspruchsvollste Markt für technologische Güter, mit der Auslandsexpansion angefangen, und deshalb konnten wir wohl die Ansprüche der ebenfalls sehr anspruchsvollen deutschen Kunden gut erfüllen“, mutmaßt Tso. Die deutschen und japanischen Kunden seien weltweit die einzigen, die tatsächlich die Dokumentation läsen, und das schärfe bei Cloudian das Bewusstsein für die Qualität des eigenen Produkts, erklärt der Manager weiter. Inzwischen gewinne man zwischen 80 und 90 Prozent aller Ausschreibungen, an denen man sich beteilige.
Kunden können wählen: Software oder Appliance
Cloudian verkauft seine Lösung rein Software-basierend oder als Appliance. Graf: „Enterprise-Kunden kaufen weit überwiegend Appliances, weil dann beispielsweise klar ist, wer zuständig ist, wenn Probleme auftreten“, erklärt Graf. Managed Service Provider dagegen wählten meistens die Lösung, Cloudian auf eigenen Servern laufen zu lassen.
Eine Lösung benötigt ein Minimum von drei Knoten, wobei zwei Redundanz herstellen. Wird Erasure-Coding gewünscht, sind mindestens sechs Knoten nötig. Da es zwar die Software theoretisch ermöglicht, Daten auch auf angehängten „dummen“ Arrays zu speichern, dies aber praktisch von den Kunden laut Tso kaum jemals umgesetzt wird, entscheidet die in den jeweiligen Servern verfügbare Storage über die Kapazität, die Cloudian verwaltet.
Zwei Appliance-Typen
Cloudian selbst bietet zwei Appliance-Typen an, eine mit einer und eine mit vier Höheneinheiten. Das kleinere System besitzt zwei Intel Xeon ES 2620 mit acht Cores und hat 12 SAS-Festplattenschächte, wobei pro Schacht derzeit 8-, 10- oder 12- und demnächst 16-Terabyte-Platten unterstützt werden. Dazu kommen zwei 960-Gigabyte-SSD-Laufwerke. Die Maximalkapazität dieses Systems liegt demgemäß aktuell bei 144 TB, dazu kommen 128 GB Arbeitsspeicher.
Die größere Appliance besteht aus zwei Knoten mit jeweils zwei Xeon-Prozessoren desselben Typs wie in der 1U-Appliance. Dazu kommen zweimal 35 Laufwerksschächte und insgesamt vier 1,92-TB-SSD-Laufwerke. Die Software kann das Übliche: verschlüsseln, komprimieren et cetera. Auf Defragmentierung hat man verzichtet, weil Cloudian meist in einem nachgelagerten Schritt der Storage-Pipeline steckt, an dem die davor liegenden Systeme die Defragmeiterungsaufgabe bereits erledigt haben.
Hyperscaler allesamt angebunden
Cloudian ist kompatibel zu allen drei großen Hyperscaler-Clouds, wobei der Fokus wegen der großen Verbreitung auf AWS liegt. „Wenn Kunden Storage in einer Private-Cloud implementieren, wollen sie in der Regel unbedingt, dass Schnittstellen und Protokolle AWS-kompatibel sind“, sagt Tso. Cloudian-Kunden nutzen das System inzwischen laut Tso sogar als Brücke in die Microsoft-Azure-Welt, weil Microsoft die AWS-Protokollwelt bislang nicht implementiert hat.
Der Vertrieb erfolgt weltweit über den Channel und auch OEM-Partner wie Lenovo und HPE. Neue große Partnerdeals sind in der Pipeline, aber noch nicht spruchreif. In Deutschland gibt es 15 Handelspartner, acht in Österreich und acht in der Schweiz. Zu den deutschen Partnern gehören Unternehmen wie Kramer & Crew und ACP. Derzeit laufen rund 80 Prozent der Geschäfte über den Channel, doch es sollen mehr werden. „Bei Projekten bei Fortune-2000-Unternehmen helfen wir, weil die Technologie neu ist und nicht ganz einfach zu implementieren“, sagt Tso. Letztlich werde aber bei der Umsetzung darauf geachtet, immer Channel-Partner ins Boot zu holen.
Das Pricing ist von der verwalteten Kapazität abhängig und hat mit steigender Datenmenge eine starke Degression. Der Einstiegspreis für ein System mit drei Knoten und 100 TB Kapazität liegt bei 60.000 Euro. Laut Cloudian bleiben die meisten Kunden dauerhaft bei der Stange und erweitern ihre Kapazitäten, weil eben immer mehr Daten gesichert werden müssten.
Noch größere Kapazitäten gewünscht
Für die Zukunft hat sich Graf daher vor allem vorgenommen, noch größere Kapazitäten zu verkaufen. „Ein Kunde, der wohl demnächst abschließt, startet mit 4 Petabyte und will im Lauf der Zeit bis 50 Petabyte skalieren“, sagt er. Tso sähe gern, wenn Cloudian seinen Umsatz in den nächsten zwei Jahren verdoppeln oder verdreifachen könnte. Das Potential sei durchaus da. Da das Produkt relativ umfassend sei, gebe es keinen starken Druck, schnell neue Funktionen einzuführen. „Trotzdem kann man natürlich an mehr Automatisierung oder leichtere Skalierbarkeit denken“, beschreibt der Manager die weitere Entwicklungsrichtung.
(ID:45950077)