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Quantum-Transformation läuft Version 6.0 von Object-Storage-Software ActiveScale vorgestellt

Autor / Redakteur: lic.rer.publ. Ariane Rüdiger / Jürgen Ehneß

Sein etwas verstaubtes Image versucht der Storage-Spezialist Quantum schon seit einiger Zeit loszuwerden. Der vorläufig letzte Schritt der laufenden Transformation: die Übernahme von ActiveScale von Western Digital. Jetzt kommt Version 6.0 zusammen mit einer neuen Hardware-Plattform.

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Version 6.0 der runderneuerten Software ActiveScale bietet unter anderem eine Technologie zur dynamischen Datenreparatur.
Version 6.0 der runderneuerten Software ActiveScale bietet unter anderem eine Technologie zur dynamischen Datenreparatur.
(Bild: gemeinfrei / Pixabay )

2025 sollen über 80 Prozent aller Daten nicht mehr strukturiert, sondern Objekte sein. Für diese heraufdämmernde Phase, die unter anderem in Zusammenhang mit sich ausbreitenden IoT- und Videoanwendungen steht, will sich Quantum fit machen.

Ein Schritt dazu war die Vorstellung der Filestorage-Lösung ATFS im Herbst 2020. Ihr besonderes Merkmal sind ausgefeilte Algorithmen zur Datenklassifikation. Ein weiteres: die Renovierung des Filesystems StorNext, das nun auch in Containerumgebungen läuft und bei Hyperscalern wie AWS erhältlich ist.

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Abkoppelung von der Hardware

Schon zuvor, im März 2020, erfolgte die Übernahme der Objektspeicher-Software ActiveScale von Western Digital. Sie passte dort nicht mehr ganz in die Strategie, bei Quantum aber umso besser. Im November wurde die Einsteigerlösung ActiveScale P100 E3 eingeführt, die sich auf einem einfachen Server betreiben lässt. Jetzt folgen ActiveScale 6.0 und die Plattform ActiveScale X200.

„Bei Western Digital war ActiveScale sehr eng an Hardware von Western Digital geknüpft“, erklärt Bruno Hald, Vice President & General Manager, Secondary Storage bei Quantum. Ein großer Teil der Anpassungsarbeit beim Übergang zu Quantum habe daraus bestanden, diese enge Verknüpfung zu lösen. Die Software sollte Hardware-neutral werden.

Das große Gesamtziel seiner Aufkäufe und Neuvorstellungen umriss Eric Bassier, Senior Director Product Marketing bei Quantum, so: „Wir wollen eine komplette Verarbeitungskette für Media und Content aus der Kataloglösung CatDV, Stornext, ActiveScale und einem tiefen Tape-Archiv aufbauen.“

Deshalb werde das Unternehmen auch weiterhin in Tape investieren. Denn in einer Zeit, in der eigentlich niemand mehr irgendwelche Daten löschen, sondern alles am liebsten bis zum Sankt-Nimmerleinstag aufheben wolle, um vielleicht später durch fortschrittliche Analytik aus den Daten noch einmal Nutzen zu ziehen, sei die Zeit für günstige Cold Storage – sprich: Tape – gut wie lange nicht mehr.

Die Verzögerungen bei LTO 9 deuteten mitnichten auf einen bevorstehenden Abschied von der Technologie hin, sondern seien technischen Herausforderungen geschuldet. Ende des laufenden Jahres und damit etwa ein Jahr später als geplant will das LTO-Konsortium nun liefern.

DDP-Algorithmus

Zurück zu ActiveScale 6.0. Die runderneuerte Software hat vor allem drei Merkmale, die sie von ähnlichen Lösungen abheben sollen: eine Unified-Node-Architektur mit Zugangs- und Daten-Layern, die beide auf demselben Server laufen können. Dafür kommen aber nur sehr leistungsfähige und dichte Geräte in Frage. „Wir wollten eine Lösung für den Exascale-Bereich mit integriertem Erasure Coding bauen“, sagt Hald.

Zweitens hat Quantum eine nach eigenem Bekunden einmalige Platzierungstechnologie für die Datenobjekte entwickelt, die spätere Reorganisationen des Datenbestandes bei Systemerweiterungen verhindern soll. DDP (Dynamic Data Placement) tritt in Aktion, nachdem das zu speichernde Objekt vom Erasure-Coding-Algorithmus in die nötige Zahl an Stücken zerkleinert wurde, die anschließend auf die Speichermedien zu verteilen sind.

Der DDP-Algorithmus begreift jede Disk als eigenen Block-Store mit Eigenschaften wie ID, Standort, Rack, Enclosure, Schlitten, Schacht, Kapazität, Verfügbarkeit, On-/Offline und Nachfrage. Mit letzterem ist der Prozentsatz der Zeit gemeint, in dem auf das entsprechende Laufwerk zugegriffen wird.

Soll nun der Teil eines Objekts gespeichert werden, berücksichtigt der Algorithmus entsprechend den festgelegten Policies nicht nur die Standortdetails, die Verfügbarkeit und eine offene Verbindung zu der Disk. Vielmehr wird auch nach einem Gewichtungsschema bewertet, wie viel Kapazität auf der Disk noch übrig ist und wie oft auf die Disk zugegriffen wird.

„So verhindern wir, dass Hotspots entstehen, und verteilen die Daten sehr gleichmäßig auf die einzelnen Speichermedien“, erläutert Hald. Dieser Mechanismus verhindere auch, dass Daten bei Erweiterungen des Speicherbestandes neu verteilt werden müssten.

Dynamische Datenreparatur

Drittes technisches Alleinstellungsmerkmal ist eine Technologie zur dynamischen Datenreparatur. Zudem bringt die Software, die im Abomodell angeboten wird, vielfältige Dienste für den Umgang mit den und die Sicherung der Daten mit, unter anderem Tagging-Funktionen.

Schließlich hat Quantum vor, sich in der Software-getriebenen Storage-Zukunft für weitere Vertriebspartner zu öffnen. Man will aber nicht nur die Hyperscaler als Vertriebsmedium nutzen. Vielmehr verkündete Bassier anlässlich der neuen ActiveScale-Version auch gleich eine Vertriebskooperation mit dem Serverhersteller Supermicro.

Supermicro ist bekannt als Server-Alternative zu den klassischen Brands wie HPE oder Dell. Nun will der Hersteller seine leistungsfähigen Server und ActiveScale zusammen vertreiben. Mit anderen Hardware-Spezialisten befinde man sich bereits in Verhandlungen, das Interesse sei groß. Weitere Namen nannte Bassier allerdings nicht.

Für die Kombination Supermicro-ActiveScale sollen Referenzarchitekturen für verschiedene Anwendungsumfelder entstehen. Hald: „Nachfrage gibt es schon.“ Man finde auf diesem Weg Zugang zu neuen Kundengruppen, vor allem großen Unternehmen, die heute bereits mit Supermicro arbeiten.

Auch Quantum selbst stellte mit ActiveScale X200 eine sehr leistungsfähige konvergente Hardware-Plattform für die Lösung vor. Deren Speicherumfang beginnt bei 1,6 Petabyte und ist nach oben unbegrenzt. Laut Quantum kann die Hardware sechsmal so viele Objekte pro Rack speichern wie die bisher größte ActiveScale-Plattform, ist siebenmal so leistungsfähig und verfügt über 78 Prozent mehr Kapazität.

Auf dem Weg zum DNA-Speicher

Doch das Unternehmen hat auch noch wesentlich längere Zeithorizonte im Blick. Deshalb ist Quantum der im Oktober 2020 gegründeten DNA Data Storage Alliance beigetreten. Gründungsmitglieder waren Illumina, Microsoft, Twist Bioscience und Western Digital. Weitere Mitglieder sind neben Forschungsinstitutionen und Spezialisten für Biomedizin diverse Storage-Anbieter, neben Quantum auch Seagate und Spectralogic sowie die Fujitsu-Tochter PFU.

Es sollen mit konventioneller Digitaltechnik kompatible Speichermedien auf DNA-Basis entstehen. Das hätte mehrere große Vorteile: Erstens würden sie um Dimensionen höhere Speicherdichten ermöglichen als bisherige Medien, zweitens könnten DNA-Speichermedien ihre Daten auch ohne Strom halten. Sie wären weniger temperatursensibel, aus überall reichlich verfügbaren Materialien aufgebaut sowie unempfindlich gegenüber elektromagnetischen Pulsen.

Laut Bassier wird es allerdings noch fünf bis zehn Jahre dauern, bis derartige Medien in den Markt eingeführt werden können. Im Winter soll es immerhin schon ein Whitepaper von Quantum dazu geben.

Die Technologie ist keine Science-Fiction. So ist es dem österreichischen Forscher Robert N. Grass und seinem Schweizer Kollegen Wendelin Stark bereits gelungen, mit organischem Material codierte Informationen in winzigen Glaskugeln zu versiegeln und anschließend wieder nutzbar zu machen. Dafür sind sie mit dem Europäischen Erfinderpreis 2021 ausgezeichnet worden.

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