Datenschutz und Datensicherheit Auch für kleinere Player ist Platz
Während bei Storage-Hardware und auf vielen anderen Gebieten inzwischen große Anbieter dominieren, ist bei Datenschutz und Datensicherheit viel Platz für Nischenplayer auch aus Europa. Zwei Beispiele.

Geht es darum, riesige Mengen – Petabytes, Exabytes und mehr – unstrukturierter Daten zu managen, kommt es auf das richtige Werkzeug an. Bei diesem Thema hat sich das französische Software-Haus Atempo einen Namen gemacht. Es beschäftigt 240 Mitarbeiter, ist also ein Mittelständler im klassischen Sinne des Begriffs.
Miria heißt die Lösung, die für die unstrukturierten Daten eine „Rundumversorgung“ bietet: Von der Cross-Storage-Analyse der unstrukturierten Datenmassen über die Storage-agnostische Migration und die kostensensitive Platzierung auf den einzelnen Medien bis zu schnellem Backup und Recovery sowie der Datensynchronisierung zwischen heterogener Storage erledigt das Tool eine Fülle von Aufgaben.
Alt, aber nicht am Ende
Die Lösung ist schon lange auf dem Markt und wird stetig weiterentwickelt. Ursprünglich sollte sie die Bedarfe der Medien- und Entertainmentbranche befriedigen, ist aber inzwischen weit über diese Anwendergruppe hinausgewachsen und bei vielen großen und größten Kunden im Einsatz. „Miria ist der Klebstoff zwischen heterogenen Speichermedien“, sagt Ferhat Kaddour, Vice President Sales and Alliances bei dem Anbieter.
Zum Atempo-Portfolio gehören noch die beiden Softwares Tina (DR in traditionellen IT-Umgebungen) und Lina (Backup von Endpoints wie Lap- oder Desktops) sowie schließlich die Box Continuity, die vor allem Managed-Service-Provider befähigen soll, Business-Continuity-Lösungen für SMBs anzubieten.
In den kommenden zwei bis drei Jahren möchte Atempo seine Miria-Lösung um „Unveränderlichkeit der Daten“ (Immutable Storage) auf allen Storage-Tiers während einer Migration erweitern. Dazu wird der Anbieter auf die entsprechenden Funktionen der jeweils beteiligten Storage-Produkte zugreifen.
Verbesserter Schutz vor Ransomware
Geplant sind auch erweiterte Datenintegritätsfunktionen zur Abwehr von Ransomware, zum Beispiel durch Sicherheitsprüfungen vor dem Restart. Automatisierte Restart-Tests sollen als Funktion implementiert werden. Wegen der rapiden Datenvermehrung ist vorgesehen, die Datenverlagerung in Selbstbedienung zu realisieren und ein kostenoptimiertes Tiering umzusetzen.
Schließlich möchte Atempo beim Tiering mittelfristig Nachhaltigkeitsaspekte berücksichtigen. Längerfristig soll auch die verblassende Trennlinie zwischen strukturierten und unstrukturierten Daten einen Niederschlag in den Atempo-Produkten finden.
Atempos Vorteil besteht darin, nahe am Kunden zu sein und gleichzeitig ein enges Kooperationsnetz zu besitzen, das stetig weiterwächst. Einige aktuelle Beispiele: Eine neue Kooperation mit Panasas sieht vor, dass der Software-Anbieter die Funktionen Data Movement und Data Analytics von Miria unter dem Label „PanMove“ respektive „PanView“ für Anwendungen aus HPC, AI und ML in die eigenen Produkte integriert. Zielgruppe sind sensitive Kunden in den USA. Der Provider OVH realisiert mit IBMs Archivtechnologie und Miria als Mover einen Cloud-Archivdienst für Daten mit Exabyte-Volumen.
Nur mit Netapp klappt es nicht so richtig. Der Hersteller gewährt den Zugriff auf sein SnapDiff-Interface nur unter restriktiven Bedingungen, die Atempo bislang für sich ablehnt. Zwar denkt man wegen einiger spezieller Kunden doch daran, hier etwas zu realisieren. Doch wird Netapp-Storage für Atempo wohl wegen der Hauspolitik des Storage-Riesen eher ein Randthema bleiben.
Gut leben in der Netapp-Nische: Cleondris
Für Netapp gibt es aber einen Nischenanbieter, der genau hier punktet: Cleondris aus Zürich. CEO und Gründer Dr. Christian Plattner startete sein Software-Haus 2006. Beim Wachstum hat Cleondris es nicht eilig. „Vielleicht werden wir mal 20 oder 30, mehr aber sicher nicht“, meint Plattner.
Ab 2010 erfolgte aufgrund eines konkreten Kundenauftrags die Fokussierung auf Netapp: Ein Bankkunde hatte eine Netapp-VMware-Integration bestellt, die aber nicht wie erwünscht funktionierte. Sie sollte schnellstens zum Laufen gebracht werden, ansonsten wäre der Auftrag für Netapp verloren gewesen.
Plattners Mannen erfuhren von den Problemen, reisten an und fanden eine Lösung: Die Programmierer bauten ein einheitliches Web-Frontend für Netapp und vCenter, das die Ansprüche des Kunden befriedigte. Das Software-Haus konzentrierte sich fortan darauf, Datensicherheits-Add-Ons für die Netapp-Welt zu entwickeln. Dabei greift die Zehn-Personen-Firma direkt auf dieselbe Schnittstelle, SnapDiff, zu, die Atempo bislang nicht zugänglich war.
Dadurch kann sich die Cleondris-Software sehr stark mit Netapp integrieren. Auch organisatorisch ist die Verbindung eng: Der Netapp-Vertrieb verkauft die Cleondris-Software mit.
Daten vor Ransomware schützen, sichern und nach Desastern wieder hochfahren
Bislang sind drei Produkte entstanden, die aber sämtlich auf einer Basis beruhen: der Data Manager für Backup und Restore für Ontap-NAS und VMware, Snap Guard für den Schutz vor Ransomware und Cleondris HCC, eine auf SolidFire optimierte Disaster-Recovery-Lösung.
Das Datenmanagement sichert Snapshot-basierende Netapp-Daten ab Ontap 7.3.3. „Wenn wir eine Version unterstützen, dann bleibt das so, bis Netapp sie abkündigt“, sagt Plattner. Vielerorts sei nämlich ONTAP in solchen frühen Versionen noch im Dienst, viele Tools aber wüssten nichts mehr damit anzufangen.
Das Programm bietet unter anderem einen Stealth-Mode an, aus dem heraus sich auch einzelne VMs wiederherstellen lassen. Für die Cleondris-Lösung braucht man keine Agenten auf den virtuellen Maschinen, da das Backup direkt auf der Storage durch Snap Mirror erfolgt. „Die allermeisten Kunden sind heute mit Snaps zufrieden“, so Plattner. Komplexe Restores werden mit Hilfe einer CDM-Benutzerschnittstelle (Copy Data Management) durchgeführt, als wären die Sicherungen schon mit CDM gezogen worden.
Eine Software-Basis – drei Lösungen
Die Applikationen sind beim Kunden schnell installiert. Ein Konfigurator kommt als Software-Appliance in Form eines .ova-Files von 630 Megabytes, dessen Grund-Set-up in Minuten erledigt ist. Wer .ova-Files nicht traut, kann für dieselben Funktionen auch eine Konsole im Webbrowser verwenden.
Anschließend bestimmen die gekauften Lizenzschlüssel und der Konfigurator, welche Funktionen freigegeben werden. Die freigegebenen Funktionen allein entscheiden, welches der drei Produkte bei den Kunden läuft. Updates kommen ebenfalls über den Browser.
Der Core der Anwendungen umfasst nur 15 Megabyte Code. Betriebssystem ist CentOS 7.7, die Daten liegen auf einer PostgreSQL 9.6. Über den SSL-gesicherten Konfigurator respektive die ebenfalls gesicherte Konsole greifen Anwender auf die Cleondris-Software und die Datenbank zu. Cleondris hat es vermieden, viel Open-Source in seine Software zu verbauen. „Das erspart uns die damit verbundenen Sicherheitsprobleme“, sagt Plattner.
Schneller Support durch Demo-System
Supportfragen löst Cleondris, indem Kunden einen SQL-Dump ihrer gesamten Konfigurationen und Settings des Störfalls automatisch in ein ZIP-Paket packen, das Cleondris entpackt und auf einem speziell präparierten Demo-System installiert. „So können wir jeden Fehler sofort so nachstellen, wie unsere Kunden ihn erleben“, erklärt Plattner.
Zukünftig möchte Plattner auch Versionen seiner Lösungen auf AWS und als Docker-Container zur Verfügung stellen. Dies gilt für beide Varianten: den von Netapp auf der Cloud betriebenen und abgerechneten und den von AWS direkt abgerechneten Service.
Und vor einem Abschied von Netapp hat er keine Angst. Die flexible Architektur seines Systems würde erlauben, es relativ schnell auch auf andere Aufgaben anzupassen.
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